+49 175 2600238

Vorsorgevollmacht – ein Akt der Selbstfürsorge – im Gespräch mit Rechtsanwältin Anne Woywod

„Es ist nie zu früh – aber leider häufig zu spät.“ Dieser Satz von Anne Anne Woywod blieb hängen. Und zwar so, dass man unwillkürlich an die eigene To‑do‑Liste denkt: Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung, Betreuungsverfügung… ja, irgendwann mal. Heute? Eher nicht. Genau darüber sprechen wir in der neuen Podcast‑Folge von Gelassen älter werden – ohne Schreckbelehrung, dafür mit ruhigem Blick, Praxisnähe und einer guten Portion Beziehungspflege.

Warum jetzt – und nicht „später“?

„Später“ ist ein hübsches Wort, das uns vorgaukelt, es gäbe eine sichere Abzweigung irgendwann hinter der nächsten Kurve. Nur: Unfälle, Krankheiten oder schlicht die Tatsache, dass das Leben passiert, halten sich nicht an unseren Kalender. Anne Woywod, seit über 15 Jahren auf Vorsorge-, Betreuungs- und Erbrecht spezialisiert, bringt es nüchtern auf den Punkt: Eine Vorsorgevollmacht ist ab 18 sinnvoll. Wer volljährig ist, entscheidet über Aufenthalt, Gesundheit und Vermögen – oder eben die Person, der wir das schriftlich anvertrauen. Ohne Vollmacht springt das Betreuungsgericht ein. Selbstbestimmt klingt anders.

Der menschliche Teil: Liebesdienst & Beziehungspflege

Vorsorge ist mehr als Formulare. Es ist ein Gespräch (manchmal mehrere), in dem Werte und Beziehungen sortiert werden: Wer sind meine Vertrauenspersonen? Was verstehe ich unter Sicherheit, Freiheit, Eigenständigkeit? Woywodspricht deshalb gern von Selbstfürsorge – und vom Liebesdienst an den Angehörigen. Denn nichts ist zermürbender, als in einer Krisensituation zu rätseln, „ob das jetzt wirklich ihr/sein Wille gewesen wäre“.

„Vorsorge entlastet – dich und die, die dich lieben.“

Dokumente mit Spielraum – keine Schablonenarbeit

Ja, es gibt den „kleinsten gemeinsamen Nenner“: Die Textbausteine des Bundesjustizministeriums (BMJ) liefern belastbare Grundlagen für Patientenverfügung und Vorsorgevollmacht. Gut so. Doch echte Lebenslagen sind selten Standardfälle. Individuelle Gestaltung ist möglich – und oft nötig: Generalvollmacht oder einzelne Aufgabenkreise? Eine, zwei oder drei bevollmächtigte Personen? Absprachen untereinander? Solche Feinheiten machen den Unterschied. Wichtig: Dokumente sind Momentaufnahmen. Beziehungen ändern sich, Haltungen auch. Alle paar Jahre draufschauen und nachjustieren – fertig.

Tabus ansprechen: Würde am Lebensende

Ein zweites Feld, das gern in die Tabu‑Ecke rutscht: das Lebensende. Woywod plädiert für offenen, urteilsfreien Austausch. Nur wer Alternativen kennt, kann wirklich selbstbestimmt entscheiden – etwa zu medizinischen Maßnahmen oder zum Rahmen, in dem ein würdevoller Abschied denkbar wäre. Das ist keine Werbung für einen Weg, sondern eine Einladung, die eigenen Werte zu klären und Angehörige nicht mit schweren Vermutungen allein zu lassen.

Häufige Aufschieber‑Gründe – und wie du sie entkräftest

  • „Ich bin doch noch jung.“ Genau deshalb: Vollmacht ab 18. Reisen, Sport, Alltag – niemand ist vor Kurzzeit‑Krisen gefeit.
  • „Das wirkt so endgültig.“ Ist es nicht. Du kannst jederzeit ändern, ergänzen, zurücknehmen.
  • „Formulare erschlagen mich.“ Starte mit BMJ‑Bausteinen. Danach – wenn’s passt – juristisch/medizinisch maßschneidern lassen.
  • „Meine Familie weiß eh, was ich will.“ Sicher? Ein gemeinsames Gespräch wirkt oft wie eine Brille: Plötzlich wird klar, was vorher verschwommen war.

Dein 60‑Minuten‑Start

  1. Vertrauenspersonen benennen. Wer soll im Ernstfall handeln dürfen? Notiere 1–3 Namen.
  2. BMJ‑Bausteine durchgehen. Patientenverfügung & Vorsorgevollmacht grob ausfüllen (Arbeitsfassung!).
  3. Gespräch führen. Wünsche, Werte, „No‑Gos“; am besten zu dritt/viert am Tisch.
  4. Fachexpertise holen. Juristische Feinjustierung; medizinische Fragen mit Hausärztin/Hausarzt besprechen.
  5. Vorsorgemappe anlegen. Ausdrucke, Kopien, Ablageort kommunizieren; Kalender‑Reminder in 3 Jahren.

Was ich aus dem Gespräch mitnehme

  • Vorsorge ist kein Angstprojekt, sondern ein Friedensprojekt für Familien.
  • Kleine Schritte reichen: erst Standard, dann individuell.
  • Gelassenheit wächst, wo Klarheit herrscht – heute, nicht erst „später“.

Zum Weiterlesen & Vorbereiten

#GelassenÄlterWerden #Vorsorge #Patientenverfügung #Vorsorgevollmacht #Selbstbestimmung #Würde #Beziehungspflege