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Lassen Sie mich heute einmal meinen Magazinbeitrag mit einem Gedicht von Rainer Maria Rilkes beginnen. Es trägt sogar den Titel „Vergänglichkeit“. Passt also vorzüglich. Nehmen Sie sich einen Moment Zeit oder auch gerne zwei und lassen Sie das Gedicht einmal auf sich wirken. 

„Vergänglichkeit“

Flugsand der Stunden. Leise fortwährende Schwindung

auch noch des glücklich gesegneten Baus.

Leben weht immer. Schon ragen ohne Verbindung

die nicht mehr tragenden Säulen heraus.

Aber Verfall: ist er trauriger als der Fontäne

Rückkehr zum Spiegel, den sie mit Schimmer bestaubt?

Halten wir uns dem Wandel zwischen die Zähne,

daß er uns völlig begreift in sein schauendes Haupt.

Das Gedicht „Vergänglichkeit“ fängt die flüchtige Natur der Zeit auf eindringliche Weise ein. Der „Flugsand der Stunden“ symbolisiert das unaufhaltsame Verrinnen der Zeit, das selbst die stabilsten Strukturen – ob im Leben oder in der Natur – allmählich erodiert. Doch Rilke stellt die Frage: Ist der Verfall wirklich traurig? In der Rückkehr, in der Veränderung, liegt eine tiefe Weisheit, die uns ermutigt, den Wandel nicht nur zu akzeptieren, sondern uns von ihm „völlig begreifen“ zu lassen. Dieses Gedicht lädt uns ein, die Vergänglichkeit nicht als etwas Bedrohliches zu sehen, sondern als Teil des Kreislaufs des Lebens. Genau darum soll es in dem folgenden Beitrag gehen. 

Die Vergänglichkeit des Lebens ist ein Thema, das uns alle eines Tages beschäftigt. Insbesondere mit dem Älterwerden wird uns immer bewusster, dass unsere Zeit auf dieser Welt begrenzt ist. Doch anstatt dies als Bedrohung zu sehen, können wir lernen, die Vergänglichkeit als eine Chance zu begreifen – als eine Möglichkeit, das Leben in vollen Zügen zu schätzen und bewusst zu leben.

In diesem Blogbeitrag möchte ich Ihnen zeigen, wie Sie die Vergänglichkeit nicht als Belastung, sondern als Möglichkeit für Wachstum und Erfüllung nutzen können. Anhand von sieben Aspekten werden wir gemeinsam erkunden, wie die bewusste Auseinandersetzung mit der Endlichkeit zu einem erfüllteren und glücklicheren Leben führen kann.

1. Was ist mit Vergänglichkeit gemeint?

Vergänglichkeit bedeutet, dass nichts für immer bleibt. Unser Leben, die Menschen, die uns umgeben, unsere Gesundheit, Beziehungen und sogar unsere Erinnerungen – all dies unterliegt einem ständigen Wandel und wird irgendwann zu Ende gehen. Dieser Gedanke kann auf den ersten Blick schwer erscheinen, doch es ist die Akzeptanz dieser Tatsache, die dem Leben seine besondere Bedeutung verleiht. Es ist gerade die Endlichkeit, die das Leben so wertvoll macht.

Stellen Sie sich vor, das Leben wäre unendlich – ohne Wandel, ohne Zeitbegrenzung. Wäre es dann nicht so, dass viele von uns die wichtigen Dinge aufschieben würden, in dem Glauben, es bliebe immer Zeit? Die Vergänglichkeit erinnert uns daran, dass der Moment einzigartig ist und wir ihn nicht wiederholen können. Es gibt uns die Dringlichkeit, Entscheidungen zu treffen, unsere Zeit sinnvoll zu nutzen und das Leben bewusst zu gestalten.

Vergänglichkeit prägt auch unsere Emotionen und unsere Bindungen. Die flüchtige Natur von Erlebnissen und Beziehungen bringt uns dazu, sie intensiver zu erleben. Ein Sonnenuntergang ist besonders schön, weil wir wissen, dass er nur für eine kurze Zeit andauert. Eine Freundschaft oder Partnerschaft wird umso wertvoller, weil sie durch den Lauf der Zeit, durch Höhen und durch Tiefen geht.

Dieser Aspekt der Vergänglichkeit schafft auch Raum für Wachstum und Wandel. Lebensphasen enden, damit neue beginnen können. Die Kinder verlassen das Haus, eine berufliche Karriere endet – und damit ergibt sich die Gelegenheit, Neues zu entdecken, sich selbst weiterzuentwickeln und die Dinge aus einer anderen Perspektive zu betrachten.

Vergänglichkeit ist also nicht nur das Ende von etwas. Sie ist auch eine ständige Aufforderung, das Leben zu gestalten, indem wir die Zeit, die uns bleibt, bewusst erleben. Durch diese Endlichkeit wird jede Erfahrung, jedes Gespräch, jede Begegnung zu einem einzigartigen, unwiederholbaren Moment, der uns im besten Sinne formt und bereichert.

In einer Episode in unserem Podcast „Gelassen älter werden“ spricht Dr. Ina Schmidt, eine renommierte Philosophin, über die Vergänglichkeit und, wie wir lernen können, damit umzugehen. Sie beschreibt Vergänglichkeit nicht nur als Verlust, sondern als Teil eines natürlichen Prozesses. Sie sagt: „Wir denken bei der Vergänglichkeit immer den Anfang mit.“ Diese Aussage macht deutlich, dass Vergänglichkeit nicht nur das Ende von etwas bedeutet, sondern auch die Möglichkeit für einen Neubeginn.

Die Auseinandersetzung mit der Vergänglichkeit kann uns helfen, den Moment bewusster zu erleben und das Leben mehr zu schätzen. Anstatt uns vor dem Ende zu fürchten, können wir die Vergänglichkeit als eine Art Wegweiser sehen, der uns daran erinnert, dass jeder Augenblick wertvoll ist.

2. Vergänglichkeit in der Philosophie

Die Philosophie bietet uns seit Jahrhunderten wichtige Denkanstöße zum Thema Vergänglichkeit. Michel de Montaigne, ein Philosoph der Renaissance, sagte: „Philosophieren heißt sterben lernen.“ Dieser Satz mag auf den ersten Blick düster klingen, doch er birgt eine tiefere Weisheit: Wer sich mit der Endlichkeit des Lebens auseinandersetzt, lernt, den gegenwärtigen Moment zu schätzen. Montaigne vertritt die Auffassung, dass das Bewusstsein über die Vergänglichkeit uns hilft, das Leben intensiver zu leben.

Ein weiterer wichtiger Philosoph, der sich mit der Vergänglichkeit beschäftigt hat, ist Martin Heidegger. In seinem Werk „Zeit und Sein“ beschreibt er das menschliche Dasein als ein „Sein zum Tode“. Für Heidegger ist die Endlichkeit des Lebens nicht nur ein unvermeidliches Schicksal, sondern auch eine Quelle der Authentizität. Erst durch das Bewusstsein, das unser Leben endlich ist, können wir wirklich authentisch leben. Wir werden uns darüber klar, was uns wirklich wichtig ist, und können unser Leben danach ausrichten.

Dr. Ina Schmidt greift diesen philosophischen Gedanken im Podcast auf und betont, dass es hilfreich sein kann, sich schon in der Mitte des Lebens mit der eigenen Endlichkeit zu beschäftigen. Sie spricht davon, dass die Vergänglichkeit eine Art „philosophische Einladung“ sei, sich mit den eigenen Werten und Lebenszielen auseinanderzusetzen. Je früher wir beginnen, uns mit unserer Vergänglichkeit zu beschäftigen, desto mehr können wir unser Leben nach unseren eigenen Vorstellungen gestalten.

Auch Prof. Eva Asselmann empfiehlt im Podcast „Welche Rolle spielt Persönlichkeit im Alter“, das Leben eben auch vom Ende her zu denken, und egal in welchem Alter immer mal wieder seine Grabrede zu schreiben. Dies kann sich auf die eigenen Werte und Prinzipien fokussieren und unter Umständen eine Neujustierung nach sich ziehen.

3. Vergänglichkeit in der Kunst

Nicht nur die Philosophie, auch die Kunst hat sich seit jeher mit der Vergänglichkeit auseinandergesetzt. Besonders eindrucksvoll zeigen uns das die Vanitas-Stillleben aus der Barockzeit. Diese Gemälde, auf denen häufig Totenköpfe, verwelkte Blumen oder erloschene Kerzen zu sehen sind, sollen uns daran erinnern, dass das Leben flüchtig ist. Doch sie haben auch eine positive Botschaft: Sie fordern uns dazu auf, den gegenwärtigen Moment zu genießen, bevor er vergeht.

Auch in der japanischen Ästhetik spielt die Vergänglichkeit eine wichtige Rolle. Das Konzept des Wabi-Sabi betont die Schönheit des Unvollkommenen und Vergänglichen. Ein rissiger Teekrug oder eine verblühte Blume stehen sinnbildlich für die ständige Veränderung und den natürlichen Lauf des Lebens. Wabi-Sabi erinnert uns daran, dass nichts ewig währt – und gerade diese Unbeständigkeit das Leben so wertvoll macht.

Ein weiteres Beispiel findet sich in der Literatur. Stefan Zweig beschreibt in seiner „Schachnovelle“, wie der menschliche Geist der Vergänglichkeit unterliegt. Die Novelle führt uns vor Augen, dass auch unsere geistigen Fähigkeiten und unser Wissen flüchtig sind, wenn wir uns nicht ständig mit ihnen beschäftigen. Die Kunst zeigt uns also, dass Vergänglichkeit nicht nur etwas Bedrohliches ist, sondern auch ein Ansporn sein kann, die Schönheit des Augenblicks zu würdigen.

4. Vergänglichkeit in der Religion als Quelle des Trosts und der Weisheit

Viele Menschen finden im Glauben Halt, wenn sie sich mit der Vergänglichkeit konfrontiert sehen. Religionen bieten jahrtausendealte Weisheiten und Rituale, die uns helfen können, die Angst vor dem Tod und der Vergänglichkeit zu lindern. Jede Religion hat ihre eigene Sichtweise auf das Ende des Lebens und gibt uns Wege an die Hand, mit den emotionalen Herausforderungen des Abschieds und der Endlichkeit umzugehen. Auf folgende Religionen sei hier stellvertretend eingegangen.

Im Christentum spielt der Glaube an das ewige Leben nach dem Tod eine zentrale Rolle. Für viele Gläubige ist der Tod nicht das Ende, sondern ein Übergang in ein anderes, ewiges Dasein bei Gott. Diese Perspektive kann tröstlich sein, da sie den Tod als Teil eines göttlichen Plans interpretiert, in dem die Seele weiter existiert. Rituale wie die Beerdigung, das Gebet für Verstorbene und der regelmäßige Gang zur Kirche helfen den Gläubigen, sich mit der Vergänglichkeit auseinanderzusetzen und Trost zu finden. Besonders wichtig sind hier die christlichen Konzepte von Vergebung, Hoffnung und dem Wiedersehen im Jenseits, die vielen Menschen eine tiefe innere Ruhe geben.

Auch der Buddhismus bietet eine besondere Sicht auf die Vergänglichkeit, die von vielen Menschen als befreiend empfunden wird. Im Buddhismus gilt die Vergänglichkeit – oder Anicca – als eine der drei grundlegenden Existenzmerkmale. Alles im Leben ist im ständigen Wandel begriffen, nichts bleibt, und der Versuch, an Dingen festzuhalten, verursacht Leiden. Der Buddhismus lehrt, dass das Erkennen und Akzeptieren der Vergänglichkeit zu innerem Frieden führen, da es den Menschen von den Bindungen und Begierden befreit, die ihn unruhig machen. Rituale wie Meditation, Gebete und Zeremonien, wie sie beispielsweise im tibetischen Totenbuch beschrieben werden, helfen, sich auf den Tod vorzubereiten und das Leben bewusster zu leben.

Im Hinduismus ist der Tod Teil eines ewigen Kreislaufs von Wiedergeburt, der als Samsara bezeichnet wird. Hier endet das Leben nicht mit dem Tod, sondern die Seele (Atman) wird wiedergeboren, bis sie durch die Erreichung von Moksha (Erlösung) aus dem Kreislauf befreit wird. Diese Vorstellung vermittelt vielen Gläubigen Trost, da der Tod nicht als endgültig betrachtet wird, sondern als Übergang in eine neue Existenz. Die Rituale, die die Hindus für Verstorbene praktizieren – wie das Verbrennen des Körpers und das Streuen der Asche in den heiligen Fluss Ganges – symbolisieren den Kreislauf des Lebens und des Todes. Diese Rituale schaffen eine spirituelle Verbindung zwischen den Lebenden und den Toten und betonen die Unvergänglichkeit der Seele.

Das Judentum legt großen Wert auf das Erinnern und die Verbindung zu den Verstorbenen. Zwar gibt es keine einheitliche Vorstellung vom Leben nach dem Tod, doch die jüdische Tradition betont stark das Weiterleben in den Erinnerungen der Gemeinschaft. Das Kaddisch, ein Gebet für die Verstorbenen, und die jährliche Feier der Jahrzeit, bei der eine Kerze zur Erinnerung an die Verstorbenen entzündet wird, schaffen einen Rahmen für die Trauer und den Umgang mit der Vergänglichkeit. Im Judentum liegt der Fokus weniger auf dem, was nach dem Tod kommt, sondern auf der Verpflichtung, das Leben gut zu leben und Spuren im Hier und Jetzt zu hinterlassen.

In jeder dieser religiösen Traditionen spielt die Vergänglichkeit eine zentrale Rolle, doch sie wird unterschiedlich interpretiert. Was sie gemeinsam haben, ist die Kraft, den Gläubigen in Zeiten der Trauer und Unsicherheit Halt zu geben. Hier bietet sich ein Hinweis auf den Podcast mit Christine Kempkes an.

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Religionen ermöglichen uns, den Tod und die Vergänglichkeit als Teil eines größeren, oft spirituellen Kontextes zu sehen, was Trost und Hoffnung spendet. Sie ermöglichen es, die Vergänglichkeit nicht als endgültigen Verlust, sondern als Übergang oder natürlichen Teil des Daseins zu betrachten.

Für viele Menschen sind es nicht nur die Lehren der Religionen, sondern auch die Rituale, die helfen, mit der Vergänglichkeit umzugehen. Rituale schaffen Ordnung in Zeiten emotionalen Chaos, bieten einen Raum, um Trauer und Verlust zu verarbeiten, und verbinden uns mit anderen, die ähnliche Erfahrungen durchleben. Ob es das Anzünden einer Kerze in Gedenken an einen geliebten Menschen, das Beten eines besonderen Gebets oder das meditative Reflektieren über die eigene Sterblichkeit ist – diese Rituale geben dem Prozess des Abschieds Struktur und Sinn.


5. Was bedeutet „Das Leben ist vergänglich“? – Vergänglichkeit wahrnehmen, um den Moment zu schätzen

„Das Leben ist vergänglich“ – ein Satz, den wir oft hören, aber was bedeutet er wirklich? Es bedeutet, dass jeder Moment einmalig ist und nie wieder genau so zurückkommen wird. Diese Erkenntnis kann uns helfen, den Augenblick bewusster zu erleben und die Vergänglichkeit als einen Antrieb zu sehen, um mehr im Hier und Jetzt zu leben.

Wenn wir akzeptieren, dass nichts im Leben von Dauer ist, schärft sich unser Blick für das, was wirklich zählt. Wir beginnen, die kleinen Dinge im Leben mehr zu schätzen: das Lächeln eines Freundes, ein gutes Gespräch, der Duft von frischem Kaffee am Morgen oder das Gefühl von Sonnenstrahlen auf der Haut. Diese scheinbar alltäglichen Momente erhalten eine neue Bedeutung, weil wir wissen, dass sie flüchtig sind und es nicht immer geben wird. Jeder Augenblick trägt das Potenzial in sich, uns Freude zu bereiten, wenn wir ihn bewusst wahrnehmen.

Das Konzept der Vergänglichkeit erinnert uns daran, wie leicht es ist, das Leben auf Autopilot zu leben – gedankenlos durch den Tag zu gehen, während wir uns auf die Zukunft oder die Vergangenheit konzentrieren. Oft hängen wir in Sorgen über das, was kommen mag, oder bereuen Dinge, die in der Vergangenheit geschehen sind. Doch die Vergänglichkeit zeigt uns, dass weder die Zukunft noch die Vergangenheit wirklich greifbar sind. Das Einzige, das wir wirklich beeinflussen können, ist der gegenwärtige Moment.

Dieser Gedanke wird im Podcast von Dr. Ina Schmidt besonders hervorgehoben. Sie spricht darüber, wie das Bewusstsein über die Vergänglichkeit uns helfen kann, intensiver im Augenblick zu leben. Ina Schmidt betont, dass es nicht nur darum geht, die großen Momente des Lebens – wie Hochzeiten oder Geburtstage – zu genießen, sondern gerade die kleinen, alltäglichen Freuden bewusst wahrzunehmen. Wenn wir uns auf die Einzigartigkeit eines jeden Augenblicks konzentrieren, lernen wir, ihn zu schätzen und zu genießen, anstatt ihn einfach nur verstreichen zu lassen.

Der japanische Begriff „Ichigo Ichie“, der oft mit „einmalige Gelegenheit“ übersetzt wird, beschreibt dieses Konzept perfekt. Es bedeutet, dass jede Begegnung und jeder Moment einzigartig sind und niemals wieder genauso erlebt werden können. Diese Haltung ermutigt uns, das Hier und Jetzt voll auszukosten und es nicht als selbstverständlich zu betrachten.

Doch wie genau können wir lernen, den Moment bewusst zu erleben? Hier einige Ansätze:

  • Achtsamkeit üben: Indem wir regelmäßig Achtsamkeitsübungen in unseren Alltag integrieren, können wir uns darauf trainieren, präsenter zu sein. Das kann so einfach sein wie ein paar bewusste Atemzüge oder das achtsame Genießen einer Mahlzeit.
  • Dankbarkeit praktizieren: Sich täglich Zeit zu nehmen, um über die Dinge nachzudenken, für die man dankbar ist, lenkt den Fokus auf das, was bereits gut ist. Dankbarkeit hilft uns, den gegenwärtigen Moment zu schätzen, anstatt ständig nach mehr zu streben.
  • Multitasking vermeiden: Oft versuchen wir, mehrere Dinge gleichzeitig zu tun – sei es beim Essen, nebenbei Nachrichten zu prüfen oder während eines Gesprächs E-Mails zu lesen. Multitasking verhindert jedoch, dass wir wirklich präsent sind. Versuchen Sie, sich nur auf eine Sache zu konzentrieren und diese voll zu erleben.
  • Bewusste Pausen einlegen: Nehmen Sie sich regelmäßig Zeit, um innezuhalten und den Moment bewusst wahrzunehmen. Vielleicht ist es ein kurzer Spaziergang, bei dem Sie die Natur bewusst erleben, oder ein Moment der Stille am Ende des Tages.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des bewussten Erlebens ist die Wertschätzung von Beziehungen. Die Vergänglichkeit erinnert uns daran, dass auch unsere Beziehungen nicht ewig bestehen. Menschen verändern sich, entfernen sich oder verlassen uns. Anstatt das als negativ zu empfinden, können wir es als Anlass nehmen, unsere Bindungen zu vertiefen und die Zeit, die wir mit unseren Lieben verbringen, zu genießen. Jeder Moment mit einem geliebten Menschen ist kostbar – und die Vergänglichkeit erlaubt uns, diesen Wert zu erkennen.

Im Gespräch mit Bertram Kasper hebt Dr. Ina Schmidt hervor, dass wir oft im Stress des Alltags die wirklich wichtigen Dinge übersehen. Wir hetzen von einem Termin zum nächsten, verfolgen unsere To-do-Listen und verlieren dabei den Blick für das, was im Leben wirklich zählt. Das Bewusstsein der Vergänglichkeit kann ein Weckruf sein, innezuhalten und uns zu fragen: Was ist mir wirklich wichtig? Welche Momente möchte ich nicht verpassen? Wen möchte ich in meinem Leben haben, und wie möchte ich meine Beziehungen pflegen?

Ein weiterer Punkt ist die Vermeidung von Aufschieberitis. Viele von uns verschieben die Dinge, die uns wirklich Freude bereiten, auf einen späteren Zeitpunkt: „Wenn ich mehr Zeit habe“, „Wenn ich in Rente bin“, „Wenn die Kinder aus dem Haus sind.“ Doch das Bewusstsein der Vergänglichkeit lehrt uns, dass „später“ möglicherweise nie kommt oder nicht so ist, wie wir es uns vorstellen. Wieso sollten wir also warten? Indem wir die Vergänglichkeit annehmen, lernen wir, das Leben jetzt zu genießen und nicht auf morgen zu verschieben, was uns heute schon glücklich machen könnte.

Die Vergänglichkeit kann uns auch dabei helfen, das Loslassen zu lernen. Manchmal hängen wir zu sehr an Dingen, die wir nicht mehr ändern können, oder an Menschen, die nicht mehr Teil unseres Lebens sind. Vergänglichkeit zeigt uns, dass Loslassen zum Leben gehört – und es Raum für Neues schafft. Es kann befreiend sein, sich von der Vorstellung zu verabschieden, dass alles perfekt und für immer sein muss. Denn gerade im Wandel liegt das Potenzial für Wachstum und neue Erfahrungen.

6. Was symbolisiert Vergänglichkeit? – Ein Blick auf die Zeichen des Lebens

In vielen Kulturen und Epochen gibt es Symbole, die uns an die Vergänglichkeit des Lebens erinnern. Diese Symbole sollen uns nicht nur an den Tod, sondern auch an die Bedeutung des Lebens und die Kostbarkeit der Zeit erinnern. Sie sind visuelle und philosophische Darstellungen der flüchtigen Natur des Lebens und ermutigen uns, den Moment zu schätzen.

Der Totenkopf

Der Totenkopf ist eines der bekanntesten Symbole der Vergänglichkeit und wurde besonders in der Kunst des Barock häufig verwendet, etwa in den Vanitas-Gemälden, davon war schon die Rede. Diese Gemälde sollten die Betrachter an die Vergänglichkeit des Lebens, die Bedeutungslosigkeit materiellen Besitzes und die Unvermeidlichkeit des Todes erinnern. Der Totenkopf symbolisiert den Tod und fordert uns auf, bewusst zu leben und unsere Zeit weise zu nutzen​.

Das Stundenglas

Ein weiteres klassisches Symbol der Vergänglichkeit ist das Stundenglas, das die unaufhaltsam verrinnende Zeit zeigt. Die Sandkörner im Glas repräsentieren die Momente unseres Lebens, die uns jeden Augenblick durch die Finger gleiten. Es erinnert uns daran, dass unsere Lebenszeit begrenzt ist und jeder Augenblick unwiederbringlich ist.

Verwelkte Blumen

Die verwelkte Blume symbolisiert ebenfalls die Vergänglichkeit. Sie steht für die Schönheit des Lebens, die irgendwann vergeht. Ihre Blütezeit ist kurz, was uns daran erinnert, dass auch die flüchtigen Momente unseres Lebens kostbar sind. Verwelkte Blumen sind häufig in Vanitas-Darstellungen zu sehen und unterstreichen, dass Schönheit und Jugend nicht ewig währen​.

Kirschblüten (Sakura)

In der japanischen Kultur steht die Kirschblüte (Sakura) für die Vergänglichkeit des Lebens. Die Kirschblüten blühen nur für wenige Tage und sind ein starkes Symbol für die Flüchtigkeit des Lebens. Besonders in der Samurai-Kultur wurde die Sakura als Symbol für das kurze, aber intensive Leben eines Kriegers angesehen. Heute symbolisieren Kirschblüten nicht nur Vergänglichkeit, sondern auch Erneuerung und neue Anfänge​.

Diese Symbole sind nicht nur visuelle Darstellungen, sondern tragen tiefe philosophische Bedeutungen. Sie ermutigen uns, die Unbeständigkeit des Lebens zu akzeptieren und den Wert des Augenblicks zu erkennen. Ob es nun der Totenkopf oder die Kirschblüte ist – sie alle rufen uns dazu auf, bewusster zu leben und die Endlichkeit unseres Daseins als Chance für persönliches Wachstum zu betrachten.

7. Vergänglichkeit und Abschiednehmen als Teil des Lebens

Das Älterwerden bringt viele Abschiede mit sich: den Abschied von geliebten Menschen, von Lebensphasen, von der eigenen Jugend, und oft auch von bestimmten Träumen oder Plänen, die man im Leben hatte. Abschiede sind unvermeidlich und schmerzhaft, doch sie bieten auch die Möglichkeit eines Neubeginns. Jeder Verlust, jede Veränderung zwingen uns, uns neu zu orientieren, uns anzupassen und neue Wege zu finden. Anstatt Abschiede nur als schmerzlich zu empfinden, können wir lernen, sie als Teil eines natürlichen Kreislaufs zu akzeptieren und darin die Chancen zu erkennen, die sie uns bieten.

Abschied nehmen ist ein ständiger Prozess im Leben. Bereits in der Kindheit und Jugend erleben wir viele kleine Abschiede, sei es der Übergang von der Schule ins Berufsleben oder der Auszug aus dem Elternhaus. Im Erwachsenenalter kommen oft größere und existenziellere Abschiede hinzu, wie der Verlust der eigenen Eltern, der Rückzug aus dem Berufsleben oder der Abschied von der eigenen Jugend. Abschiede sind deshalb auch Wegweiser für das, was noch kommen kann.

Die Angst des Verlusts

Viele Menschen haben Angst vor dem Verlust. Diese Angst betrifft nicht nur den Tod von geliebten Menschen, sondern auch die Furcht vor dem Verlust der eigenen Identität, Gesundheit oder Fähigkeiten, die mit dem Alter schwinden. Besonders im späteren Leben wird die Angst vor der eigenen Vergänglichkeit und dem Sterben zu einem häufigen Begleiter. Die Unsicherheit, was danach kommt oder wie man mit großen Veränderungen umgehen soll, belastet viele Menschen.

Dr. Ina Schmidt hebt im Podcast „Gelassen älter werden“ hervor, dass diese Angst nicht die Kontrolle über unser Leben übernehmen sollte. Verlust ist ein natürlicher Teil des Lebens, und indem wir uns dieser Tatsache stellen, können wir das Leben in vollen Zügen genießen. Wenn wir uns vor den unvermeidlichen Veränderungen des Lebens fürchten, blockieren wir oft die Fähigkeit, den gegenwärtigen Moment zu genießen. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergänglichkeit kann dazu beitragen, diese Angst zu reduzieren und einen gelasseneren Umgang mit dem Leben zu entwickeln.

Verlustangst ist auch oft eine Folge der Ungewissheit, die der Tod mit sich bringt. Doch diese Angst kann uns auch daran hindern, die Beziehungen und Momente, die wir noch haben, in vollen Zügen zu genießen. Indem wir uns mit dieser Angst auseinandersetzen und lernen, dass Veränderung und Verlust Teil des Lebens sind, können wir beginnen, unsere Zeit bewusster zu nutzen und mehr Wert auf die wichtigen Dinge im Leben zu legen – wie Zeit mit geliebten Menschen, erfüllende Tätigkeiten oder persönliche Erfüllung. So kann sich die Angst vor dem Verlust in etwas Konstruktives verwandeln.

Es ist hilfreich, sich mit dem Tod zu beschäftigen

Wie Dr. Ina Schmidt im Podcast im Gespräch mit Bertram Kasper betont, ist es wichtig, sich bereits frühzeitig mit dem Tod auseinanderzusetzen. Viele Menschen scheuen sich vor diesem Thema, weil es unangenehm oder beängstigend wirken kann. Doch das bewusste Nachdenken über die eigene Endlichkeit kann uns helfen, die Angst vor dem Tod zu verringern. Es ermöglicht uns, mit einem klareren Blick auf das Leben zu schauen und uns auf das zu konzentrieren, was wirklich zählt.

Dr. Schmidt beschreibt, wie das Bewusstsein über die Vergänglichkeit des eigenen Lebens nicht nur dazu führt, dass wir uns weniger vor dem Tod fürchten, sondern auch unser tägliches Leben intensiver erleben können. Wenn wir uns mit der Endlichkeit beschäftigen, wird uns klar, dass unsere Zeit auf der Erde begrenzt ist – und das ermutigt uns, den Augenblick zu schätzen und bewusstere Entscheidungen zu treffen. Es geht nicht darum, den Tod herbeizuwünschen, sondern darum, ihn als Teil des Lebens zu akzeptieren und die Lebenszeit, die wir haben, sinnvoll zu nutzen.

Ein positiver Nebeneffekt der Auseinandersetzung mit dem Tod ist, dass wir uns besser auf Verluste und Veränderungen vorbereiten können. Wenn wir den Tod als etwas Natürliches akzeptieren, fällt es uns oft leichter, mit dem Tod von Angehörigen oder mit persönlichen Veränderungen umzugehen. Der Tod wird dadurch nicht weniger schmerzhaft, aber unser Umgang mit ihm wird bewusster und gelassener. Diese Akzeptanz des Todes ermöglicht es uns, Abschiede als Übergänge zu verstehen und uns auf das Leben nach dem Verlust zu konzentrieren.

Rituale schaffen

Rituale spielen eine wesentliche Rolle im Umgang mit der Vergänglichkeit und dem Abschiednehmen. Sie bieten uns einen Rahmen, um den Verlust zu verarbeiten und Trost zu finden. Rituale geben Halt und Struktur, besonders in Zeiten großer emotionaler Herausforderungen. Sie helfen uns, den Abschied bewusst zu erleben, statt ihn zu verdrängen oder zu ignorieren.

Ein einfaches Ritual wie das Anzünden einer Kerze für einen Verstorbenen oder das bewusste Gedenken an vergangene Lebensphasen kann uns helfen, den Abschied zu verarbeiten. Rituale bieten Raum für Reflexion und schaffen eine Verbindung zwischen dem, was vergangen ist, und dem, was noch vor uns liegt. Sie können ein starkes Werkzeug sein, um sich der eigenen Vergänglichkeit bewusst zu werden und den Prozess des Loslassens zu erleichtern.

In vielen Kulturen spielen religiöse und spirituelle Rituale eine bedeutende Rolle beim Abschiednehmen. Diese Rituale helfen nicht nur den Hinterbliebenen, mit dem Verlust umzugehen, sondern dienen auch der Gemeinschaft als Ort des gemeinsamen Trauerns. Durch Rituale können Menschen ihre Trauer ausdrücken, Erinnerungen teilen und einen Neuanfang nach dem Verlust wagen. Auch im privaten Rahmen können individuelle Rituale helfen, die Trauer zu bewältigen, indem sie uns Raum geben, unsere Emotionen zu reflektieren und zu verarbeiten.

Rituale bieten eine Brücke zwischen der Vergangenheit und der Zukunft, zwischen dem, was war, und dem, was noch kommen wird. Sie helfen uns, das Ende eines Kapitels zu akzeptieren und das nächste zu beginnen. Ob es eine regelmäßige Erinnerung an einen geliebten Menschen ist oder eine persönliche Tradition, die hilft, sich von einer vergangenen Lebensphase zu verabschieden – Rituale sind ein wertvolles Werkzeug, um Abschiede bewusst zu gestalten und dabei den Blick auf die Chancen zu richten, die jeder Neuanfang mit sich bringt.

Fazit: Vergänglichkeit als Chance sehen

Die Vergänglichkeit des Lebens ist eine ständige Erinnerung daran, dass jeder Moment einzigartig und kostbar ist. Sie fordert uns auf, bewusster zu leben und die kleinen Augenblicke zu schätzen. Indem wir uns der Endlichkeit bewusst werden, können wir unsere Ängste vor dem Tod und Verlust verringern und das Leben intensiver genießen. Rituale und Symbole aus Kunst, Philosophie und Religion bieten uns Halt, um mit Abschieden und Veränderungen umzugehen und dabei immer wieder Neuanfänge zu wagen. Die Vergänglichkeit ist nicht nur ein Ende, sondern eine Gelegenheit für persönliches Wachstum und Sinnfindung.

Wie nutzen Sie die Vergänglichkeit als Chance? Teilen Sie Ihre Gedanken in den Kommentaren und lassen Sie uns gemeinsam darüber nachdenken, wie wir ein erfülltes Leben führen können. 🌸

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