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Ich fühle mich einsam – ein Gefühl, das viele Menschen kennen, aber nur wenige offen ansprechen. In einer zunehmend vernetzten Welt, in der wir jederzeit und überall kommunizieren können, mag es paradox erscheinen, dass Einsamkeit zu einem der größten gesellschaftlichen Probleme unserer Zeit geworden ist. Doch gerade diese ständige Verfügbarkeit von Kommunikation macht das Gefühl der Einsamkeit oft umso bedrückender, wenn die persönlichen Kontakte fehlen oder als unzureichend empfunden werden. Einsamkeit ist dabei mehr als nur ein subjektives Gefühl; sie kann weitreichende psychische und physische Konsequenzen nach sich ziehen, die sowohl die individuelle Lebensqualität als auch die gesellschaftliche Kohäsion beeinträchtigen.

Elke Schilling, die Gründerin von Silbernetz (siehe Exkurs) erläutert, dass Einsamkeit ein wachsendes Problem in unserer Gesellschaft ist, insbesondere aufgrund der alternden Bevölkerung. 

„Mit dem demografischen Wandel und der steigenden Zahl an Hochaltrigen wird die Gefahr der Isolation immer größer.“

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Der Unterschied zwischen Alleinsein und Einsamkeit

Viele Menschen verwechseln das Alleinsein mit Einsamkeit, doch es gibt einen entscheidenden Unterschied: Alleinsein ist ein Zustand, der oft sogar gewollt und als angenehm empfunden wird. Es bietet Raum für Selbstreflexion, Kreativität und Ruhe. Alleinsein kann eine bewusste Entscheidung sein, die es einem ermöglicht, neue Energie zu tanken, sich auf persönliche Ziele zu konzentrieren oder einfach nur zu entspannen. In einer immer hektischer werdenden Welt wird das Alleinsein von vielen Menschen als ein kostbares Gut angesehen, das ihnen hilft, ihre innere Balance zu finden.

Einsamkeit hingegen ist ein emotionaler Zustand, in dem das Fehlen von sozialen Kontakten als belastend und negativ erlebt wird. Einsamkeit geht oft mit einem tiefen Gefühl des Mangels und der Entfremdung einher. Es ist möglich, allein zu sein und sich dabei gänzlich zufrieden zu fühlen, genauso wie man sich einsam fühlen kann, obwohl man von Menschen umgeben ist. Dies zeigt, dass Einsamkeit weniger mit der physischen Präsenz anderer Menschen zu tun hat, sondern vielmehr mit der emotionalen Tiefe und Qualität der Beziehungen, die man pflegt.

Klaus Siedenhans (Autor des Buches „NICHT ALLEIN auf weiter Flur“), ein Gast im „gelassen älter werden“-Podcast, verdeutlicht diese Unterscheidung: 

„Alleinsein bedeutet für mich Freiheit und Selbstbestimmung, aber Einsamkeit ist ein ganz anderes Gefühl. Es ist wie ein Schatten, der sich langsam ausbreitet, wenn die Menschen, die einem wirklich wichtig sind, nicht mehr da sind.“ 

Dieses Zitat unterstreicht, dass Einsamkeit nicht durch bloße Anwesenheit anderer Menschen überwunden werden kann, sondern durch tiefe, bedeutungsvolle Verbindungen.

Warum ist Einsamkeit in der Gesellschaft zunehmend ein Thema?

Einsamkeit betrifft immer mehr Menschen in verschiedenen Lebensphasen. Besonders betroffen sind jedoch ältere Menschen. Eine Studie des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zeigt, dass das Einsamkeitsempfinden älterer Menschen, während der COVID-19-Pandemie deutlich zugenommen hat. Diese Pandemie hat die gesellschaftlichen Strukturen erschüttert und viele ältere Menschen, die ohnehin anfällig für soziale Isolation sind, in eine tiefere Einsamkeit gestürzt. Einsamkeit ist längst keine Randerscheinung mehr, sondern ein weitverbreitetes Phänomen, das gravierende Auswirkungen auf die psychische und physische Gesundheit haben kann.

„Alte Menschen werden immobiler, die automatischen Kontakte, die sich im Lebensalltag ergeben, fallen oft weg“,

erläutert Elke Schilling.

Dies bedeutet, dass die natürlichen Gelegenheiten, andere Menschen zu treffen und soziale Bindungen zu pflegen, immer weniger werden, was die Gefahr der Isolation und Einsamkeit erhöht.

Zudem haben gesellschaftliche Veränderungen, wie die zunehmende Urbanisierung und die Veränderung traditioneller Familienstrukturen, die Bedingungen für Einsamkeit verschärft. In vielen modernen Gesellschaften leben immer mehr Menschen allein, sei es aus Wahl oder Notwendigkeit. Während diese Lebensweise in jungen Jahren oft als Ausdruck von Unabhängigkeit und Selbstverwirklichung angesehen wird, kann sie im Alter zur Quelle tiefer Einsamkeit werden.

Exkurs: Was ist Silbernetz

Silbernetz ist eine Initiative, die von Elke Schilling gegründet wurde, um Einsamkeit und soziale Isolation bei älteren Menschen in Deutschland zu bekämpfen. Die Idee hinter Silbernetz ist es, älteren Menschen, die sich einsam fühlen oder isoliert sind, eine Möglichkeit zu bieten, unkompliziert und anonym über ihre Sorgen, Ängste und Bedürfnisse zu sprechen. Das Kernstück von Silbernetz ist eine kostenlose und vertrauliche Telefonhotline, die rund um die Uhr erreichbar ist. Die Silbernetz-Hotline steht älteren Menschen zur Verfügung, die einfach mal reden möchten, ohne sich verpflichtet zu fühlen.

Das Gesprächsangebot richtet sich speziell an Menschen über 60 Jahre, die sich einsam fühlen, keine oder nur wenig soziale Kontakte haben und denen es schwerfällt, ihre Isolation zu durchbrechen.

Neben der Hotline ermöglicht Silbernetz auch, sogenannte „Silbernetz-Freundschaften“ zu schließen. Hierbei handelt es sich um regelmäßige, wöchentliche Telefonate zwischen einem älteren Menschen und einem freiwilligen Gesprächspartner oder einer Gesprächspartnerin. Diese Gespräche sind längerfristig angelegt und sollen eine kontinuierliche Beziehung aufbauen, die Einsamkeit lindert und soziale Kontakte fördert.

Hier der Podcast mit Elke Schilling über Silbernetz:

Ursachen und Auslöser von „ich fühle mich einsam“

Einsamkeit hat viele Gesichter und ebenso viele Ursachen. Diese lassen sich in innere und äußere Faktoren unterteilen, die oft miteinander verwoben sind und einander verstärken. Zu den häufigsten Auslösern von Einsamkeit gehören der Übergang in den Ruhestand, gesundheitliche Einschränkungen, der Verlust nahestehender Personen und der Wandel sozialer Netzwerke.

Übergang in den Ruhestand

Der Übergang vom Berufsleben in den Ruhestand ist ein kritischer Punkt im Leben vieler Menschen. Während die ersten Monate oft als befreiend und erholsam empfunden werden, stellt sich bei vielen Menschen bald ein Gefühl der Leere ein. Der Verlust der täglichen Routine und der sozialen Kontakte am Arbeitsplatz kann dazu führen, dass sich Menschen plötzlich isoliert und wertlos fühlen.

„Viele Leute verlieren ihren Lebenssinn mit dem Ausscheiden aus der Erwerbsarbeit, weil unsere Gesellschaft den Lebenssinn an dem misst, was ich leiste. Und das ist dann weg“,

erklärt Elke Schilling

Diese Aussage verdeutlicht, dass unsere Identität und unser Selbstwertgefühl oft stark mit unserer beruflichen Tätigkeit verknüpft sind. Wenn dieser zentrale Lebensinhalt wegfällt, können sich Gefühle der Nutzlosigkeit und Isolation einstellen.

Dieser Verlust des beruflichen Alltags geht oft einher mit einem Verlust der sozialen Einbindung. Für viele Menschen war der Arbeitsplatz nicht nur ein Ort der Arbeit, sondern auch der sozialen Interaktion. Wenn dieser zentrale soziale Ort plötzlich wegfällt, bleibt oft ein Vakuum zurück, das schwer zu füllen ist. Viele Rentner berichten, dass sie sich nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben zunehmend isoliert fühlen, da die regelmäßigen Kontakte und die damit verbundenen sozialen Netzwerke wegfallen. Männer tun sich dabei tendenziell schwerer als Frauen.  

Neuer Lebensstil passt nicht zum Umfeld

Mit dem Alter ändern sich häufig auch die Lebensstile und Interessen. Aktivitäten, die früher selbstverständlich waren, werden weniger attraktiv oder sind körperlich nicht mehr möglich. Dieser Wandel kann zu einem schmerzhaften Bruch mit bisherigen sozialen Netzwerken führen. Ein Beispiel hierfür sind ältere Menschen, die feststellen, dass sie nicht mehr die Energie oder den Anreiz haben, an Aktivitäten teilzunehmen, die ihnen früher Freude bereitet haben.

„Ich gehe in keine Begegnungsstätte. Da sind nur alte Menschen und die reden nur über Krankheit“,

berichtet Elke Schilling von den Aussagen älterer Menschen, die sich nicht mit den Angeboten identifizieren können, die speziell für Senioren gemacht werden. 

Diese Aussage zeigt, dass viele ältere Menschen Schwierigkeiten haben, sich mit den stereotypen Vorstellungen von Aktivitäten für Senioren zu identifizieren. Sie wünschen sich oft mehr Vielfalt und Möglichkeiten, die ihren Interessen und Lebensstilen besser entsprechen.

Diese Veränderung zeigt, wie wichtig es ist, flexibel zu bleiben und neue Wege zu finden, um sozial eingebunden zu bleiben, auch wenn sich die Lebensumstände ändern.

Verlust nahestehender Personen

Der Verlust von Lebenspartnern, Freunden und Familienmitgliedern ist eine der häufigsten Ursachen für Einsamkeit im Alter. Dieser Verlust ist nicht nur ein emotionaler Schock, sondern kann auch praktische Auswirkungen auf den Alltag haben. Viele ältere Menschen haben in ihren Partnern auch wichtige Unterstützer verloren, was ihre Fähigkeit, den Alltag zu bewältigen, erheblich einschränken kann. Dies kann zu einem Teufelskreis führen, in dem die Einsamkeit durch die zunehmende Abhängigkeit von anderen Menschen noch verstärkt wird.

„Je älter ich werde, desto wahrscheinlicher ist es, dass vertraute Personen schon verstorben sind und dann soziale Beziehungen rar werden“,

so Schilling.

Der Verlust dieser engen Beziehungen hinterlässt oft eine Lücke, die schwer zu füllen ist und die Einsamkeit verstärkt. Insbesondere im hohen Alter wird der Verlust von Freunden und Familienmitgliedern zu einem immer häufigeren Ereignis, das die soziale Isolation verschärfen kann.

Gesundheitliche Einschränkungen

Mit zunehmendem Alter nehmen oft auch gesundheitliche Probleme zu, die das Leben erheblich einschränken können. Körperliche Gebrechen, Seh- oder Hörprobleme, aber auch chronische Krankheiten machen es schwieriger, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten, und führen oft zu einem Rückzug aus dem gesellschaftlichen Leben. Diese gesundheitlichen Einschränkungen beeinflussen nicht nur die physische, sondern auch die emotionale Gesundheit.

„Alte Menschen werden immobiler. Das heißt, sie sind auch nicht mehr automatisch draußen häufig. Die Gefahr der Isolation mit steigendem Alter wird immer größer“, 

beschreibt Schilling. Die Abnahme der Mobilität erschwert es vielen älteren Menschen, an gesellschaftlichen Aktivitäten teilzunehmen, was zu einem weiteren Rückzug und zur Verschärfung der Einsamkeit führen kann.

Klaus Siedenhans ergänzt:

„Wenn der Körper nicht mehr so mitmacht, wie man es gewohnt ist, leidet nicht nur die Bewegungsfreiheit, sondern auch die Seele. Man fühlt sich gefangen in einem Körper, der nicht mehr das tut, was man will.“

Diese Aussage unterstreicht die tiefgreifenden Auswirkungen, die körperliche Einschränkungen auf das emotionale Wohlbefinden haben können.

Ausgrenzung durch Mangel an technischen Kenntnissen

In einer Welt, die zunehmend digital wird, fühlen sich viele ältere Menschen abgehängt. Der Mangel an technischen Kenntnissen führt oft zu einem Gefühl der Ausgrenzung und Isolation. In einer Gesellschaft, in der digitale Kommunikation und soziale Medien immer mehr an Bedeutung gewinnen, kann das Fehlen dieser Kompetenzen zu einem Gefühl der Hilflosigkeit und des Abgeschieden seins führen.

„Fakt ist, dass je älter ein Mensch ist, desto höher die Wahrscheinlichkeit ist, dass er sich mit diesem Medium [Internet] nicht auskennt, sich damit nicht zurechtfindet“,

sagt Schilling.

Dieser Mangel an digitalen Kompetenzen kann dazu führen, dass ältere Menschen den Anschluss verlieren, sich nicht mehr über aktuelle Themen informieren können oder nicht wissen, wie sie moderne Kommunikationsmittel nutzen können, um mit Familie und Freunden in Kontakt zu bleiben.

Abhängigkeit von Familie oder Pflegediensten

Die Abhängigkeit von anderen, sei es von der Familie oder von professionellen Pflegediensten, kann ebenfalls zur Einsamkeit führen. Viele ältere Menschen zögern, Hilfe anzunehmen, weil sie befürchten, ihre Autonomie zu verlieren oder als Belastung wahrgenommen zu werden. Diese Sorge kann dazu führen, dass sie sich immer weiter zurückziehen und isolieren.

Siedenhans beschreibt das Gefühl der Abhängigkeit als belastend:

„Es ist ein schmaler Grat zwischen der notwendigen Hilfe und dem Gefühl, nur noch eine Last zu sein. Wenn man ständig auf Hilfe angewiesen ist, fühlt man sich manchmal wie ein Fremder im eigenen Leben.“ 

Diese Aussage verdeutlicht, wie schwierig es für ältere Menschen sein kann, ihre Unabhängigkeit zu wahren, während sie gleichzeitig auf die Hilfe anderer angewiesen sind.

Verlust der Autonomie

Der Verlust der Autonomie, zum Beispiel durch das Abgeben des Führerscheins oder die Notwendigkeit, in ein Pflegeheim zu ziehen, ist für viele Menschen ein großer Einschnitt. „Viele Menschen zögern, Hilfe anzunehmen, weil sie befürchten, ihre Autonomie zu verlieren,“ erklärt Schilling. Das Gefühl, nicht mehr selbstständig entscheiden zu können, was man tut und wohin man geht, kann ein starkes Gefühl der Ohnmacht und Einsamkeit hervorrufen.

Auswirkungen von Einsamkeit

Die Folgen von Einsamkeit sind weitreichend und können sowohl die psychische als auch die physische Gesundheit stark beeinträchtigen. Einsamkeit ist nicht nur ein subjektives Gefühl, sondern kann auch messbare negative Auswirkungen auf den Körper und Geist haben.

Innere Leere, depressive Verstimmung

Einsamkeit führt oft zu einer tiefen inneren Leere und kann depressive Verstimmungen hervorrufen.

„Einsamkeit tritt oft auf, wenn die Qualität der Beziehungen nicht den eigenen Bedürfnissen entspricht“,

erklärt Schilling. Diese emotionale Leere kann zu einem Gefühl der Sinnlosigkeit führen, das den Alltag schwer erträglich macht.

Siedenhans spricht von der „schweren Dunkelheit“, die Einsamkeit mit sich bringen kann:

„Es fühlt sich an, als ob die Welt ihre Farbe verliert. Nichts macht mehr Freude, nichts hat mehr Bedeutung.“ „Das Risiko von einsamen Personen, depressiv und ängstlich zu werden, ist zum Beispiel um circa 15 Prozent erhöht. Und genauso erhöht sich auch das Demenzrisiko.“

Gefühl der Hoffnungslosigkeit

Das Gefühl der Hoffnungslosigkeit ist eine häufige Begleiterscheinung von Einsamkeit.

„Je länger ich allein und vereinsamt bin, desto mehr sinkt mein Selbstwertgefühl,“

so Schilling. Wenn man keinen Ausweg aus der Einsamkeit sieht, kann sich eine tiefe Hoffnungslosigkeit einstellen, die das Leben belastet.

Siedenhans beschreibt diese Hoffnungslosigkeit als lähmend:

„Es ist, als ob alle Türen verschlossen sind. Man sieht keinen Ausweg, keine Zukunft, die besser werden könnte.“

Schlafstörungen

Einsamkeit kann auch zu Schlafstörungen führen. Das ständige Grübeln über die eigene Situation, die inneren Sorgen und Ängste hindern viele Menschen daran, zur Ruhe zu kommen und einen erholsamen Schlaf zu finden. Schilling berichtet von ihren eigenen Erfahrungen:

„Manchmal, wenn ich nachts nicht schlafen kann, kreisen die Gedanken unaufhörlich, und das Gefühl der Einsamkeit wird noch stärker.“

Chronischer Stress und Ängste

Einsamkeit kann zu chronischem Stress und Angstzuständen führen. Das ständige Gefühl, allein zu sein und niemanden zu haben, an den man sich wenden kann, erzeugt einen dauerhaften Stresszustand, der sowohl psychische als auch körperliche Folgen haben kann.

„Chronische Einsamkeit führt oft zu einem Gefühl der ständigen Bedrohung, das nicht nur die Psyche, sondern auch den Körper belastet“,

erklärt Schilling.

Dieser Stress kann sich in verschiedenen Formen äußern, von Herz-Kreislauf-Problemen bis zu Verdauungsstörungen. 

Schwächung des Immunsystems

Studien haben gezeigt, dass Einsamkeit das Immunsystem schwächen kann, was zu einer erhöhten Anfälligkeit für Krankheiten führt. Schilling betont:

„Es gibt Studien, die zeigen, dass Menschen, die sich einsam fühlen, häufiger krank werden.“

Die dauerhafte Belastung durch Einsamkeit kann die körpereigene Abwehr schwächen und das Risiko für chronische Erkrankungen erhöhen.

Siedenhans bestätigt diese Beobachtung:

„Einsamkeit ist von der Wirkung schlimmer als 15 Zigaretten am Tag. Sie ist schlimmer als sechs alkoholische Getränke pro Tag. […] Einsamkeit ist eben ein Leidgefühl, das uns eigentlich sagen möchte: Geh raus, geh raus in die Welt.“

Abnahme sozialer Aktivitäten bis zur Isolation

Einsamkeit führt oft zu einem Teufelskreis: Je isolierter man sich fühlt, desto weniger unternimmt man, und je weniger man unternimmt, desto einsamer wird man. „Je länger ich in der Einsamkeit bleibe, desto schwerer fällt es mir, wieder herauszukommen“, beschreibt Schilling diesen Kreislauf. „Je länger ich allein und vereinsamt bin, desto mehr sinkt mein Selbstwertgefühl und es wird dann geradezu chronifizierte Einsamkeit mit Ängsten vor neuem Kontakt.“

Die Hemmschwelle, soziale Kontakte zu knüpfen oder an Aktivitäten teilzunehmen, wird immer größer, bis man schließlich ganz in die Isolation abgleitet.

Das kannst du gegen Einsamkeit tun

Die gute Nachricht ist: Einsamkeit ist kein Schicksal, dem man hilflos ausgeliefert ist. Es gibt zahlreiche Strategien, um der Einsamkeit entgegenzuwirken und wieder Freude am Leben zu finden.

Tagebuch schreiben

Das Führen eines Tagebuchs kann eine wirkungsvolle Methode sein, um sich selbst besser zu verstehen und seine Gedanken und Gefühle zu ordnen. „Selbstreflexion spielt eine große Rolle in unseren Gesprächen bei Silbernetz“, so Schilling. Indem man seine Gedanken niederschreibt, kann man besser nachvollziehen, was einem fehlt und wie man daran arbeiten kann, seine Situation zu verbessern. Tagebuchschreiben kann dabei helfen, sich über die eigenen Bedürfnisse klar zu werden und erste Schritte aus der Einsamkeit zu planen.

Siedenhans ergänzt:

„Ein Tagebuch zu führen, hat mir geholfen, meine Gedanken zu ordnen und den inneren Lärm zu beruhigen. Es ist ein sicherer Ort, an dem ich meine Gefühle ausdrücken kann, ohne beurteilt zu werden.“

Das Zitat zeigt, wie das Schreiben als Ventil für aufgestaute Emotionen dienen kann und dabei hilft, Klarheit über die eigenen Gefühle zu gewinnen.

Teilnahme an Seniorengruppen oder Freizeitclubs

Der Austausch mit anderen Menschen in ähnlichen Lebenssituationen kann sehr hilfreich sein. Seniorengruppen oder Freizeitklubs ermöglichen, neue Freundschaften zu knüpfen und aktiv am sozialen Leben teilzunehmen. Solche Gruppen ermöglichen es den Teilnehmern, sich über gemeinsame Interessen auszutauschen und in einem unterstützenden Umfeld soziale Bindungen aufzubauen.

„Die Silbernetzfreundschaft ist ein Angebot, bei dem ältere Menschen regelmäßig von Freiwilligen angerufen werden, um soziale Kontakte aufrechtzuerhalten“,

erklärt Schilling. Diese Initiative zeigt, wie wichtig es ist, soziale Bindungen auch in späteren Lebensjahren zu pflegen. Freiwillige Anrufe können dabei helfen, die Isolation zu durchbrechen und das Gefühl von Einsamkeit zu mildern.

Sich sozial engagieren

Ehrenamtliche Tätigkeiten erlauben nicht nur, anderen zu helfen, sondern auch, selbst wieder einen Sinn im Leben zu finden. Durch soziales Engagement kann man sich gebraucht fühlen und neue Kontakte knüpfen. Es gibt viele Möglichkeiten, sich ehrenamtlich zu engagieren, sei es in der Nachbarschaftshilfe, in karitativen Organisationen oder in kulturellen Projekten.

„Sinn. Dem eigenen Leben noch ein Stück Sinn geben und sich nicht abhängig machen von der Abwertung, die Alter in unserer Gesellschaft erfährt“,

rät Schilling. Es ist wichtig, auch im Alter aktiv zu bleiben und einen Beitrag zur Gesellschaft zu leisten. Ehrenamtliche Arbeit kann nicht nur das Gefühl der Einsamkeit mindern, sondern auch das Selbstwertgefühl stärken.

Sich um Tiere kümmern

Tiere bieten emotionale Unterstützung und können das Gefühl der Einsamkeit lindern. Das Kümmern um ein Haustier gibt Struktur und einen Sinn im Alltag. Es ist wissenschaftlich belegt, dass der Kontakt zu Tieren Stress reduziert und das Wohlbefinden steigert. Tiere können zudem eine Brücke zu anderen Menschen schlagen, sei es bei Spaziergängen oder in Tierarztpraxen, wo man mit anderen Tierbesitzern ins Gespräch kommt.

In eine Senioren-WG ziehen

Der Umzug in eine Gemeinschaft kann helfen, soziale Isolation zu vermeiden. Eine Senioren-WG ermöglicht, in einem vertrauten Umfeld zu leben und gleichzeitig die Gesellschaft anderer Menschen zu genießen. Solche Gemeinschaften können eine wichtige Stütze im Alltag sein und helfen, das Gefühl von Einsamkeit zu reduzieren.

„Der Umzug in eine Gemeinschaft kann helfen, soziale Isolation zu vermeiden“, sagt Schilling.

Diese Aussage verdeutlicht, wie wichtig es ist, auch im Alter aktiv nach Möglichkeiten zu suchen, um sozial eingebunden zu bleiben. Eine Senioren-WG bietet nicht nur soziale Kontakte, sondern auch praktische Unterstützung im Alltag.

Sportprogramme für Senioren nutzen

Körperliche Aktivität ist wichtig, um soziale Kontakte zu knüpfen und das eigene Wohlbefinden zu steigern. Sportprogramme für Senioren erlauben nicht nur Bewegung, sondern auch, neue Menschen kennenzulernen und Freundschaften zu schließen. Solche Programme können eine wichtige Rolle dabei spielen, die körperliche und geistige Gesundheit im Alter zu erhalten.

„Körperliche Aktivität ist wichtig, um soziale Kontakte zu knüpfen und das eigene Wohlbefinden zu steigern“,

so Schilling. Bewegung ist, sowohl für den Körper, als auch für den Geist wichtig ist. Durch Sport kann man nicht nur fit bleiben, sondern auch neue soziale Kontakte knüpfen und sich in einer Gemeinschaft engagieren.

Sich an Mentorengruppen beteiligen

Mentorengruppen ermöglichen, den Reichtum an Lebenserfahrung weiterzugeben und gleichzeitig von den Erfahrungen anderer zu profitieren. Durch den Austausch mit anderen kann man einander unterstützen und inspirieren. Solche Gruppen können eine wichtige Rolle dabei spielen, das Gefühl der Einsamkeit zu mindern und das Selbstwertgefühl zu stärken.

Siedenhans hat durch eine Mentorengruppe neue Energie gewonnen:

„Ich habe in einer Gruppe junger Leute als Mentor gearbeitet, und es hat mir das Gefühl gegeben, dass ich noch viel beizutragen habe. Der Austausch mit der jüngeren Generation hat mir neue Perspektiven eröffnet und mir gezeigt, dass ich noch lange nicht am Ende bin.“

Diese Erfahrung zeigt, wie bereichernd der Austausch zwischen den Generationen sein kann.

Weitere Fragen und Antworten

Warum fühle ich mich auf einmal so einsam, obwohl ich von Menschen umgeben bin?

Es ist möglich, sich einsam zu fühlen, auch wenn man von Menschen umgeben ist. Dies kann daran liegen, dass die emotionalen Bedürfnisse nicht erfüllt oder die Beziehungen als oberflächlich empfunden werden.

„Man kann sich einsam fühlen, auch wenn man von Menschen umgeben ist, wenn die Beziehungen nicht tief genug sind“,

erklärt Schilling. Diese Aussage verdeutlicht, dass Einsamkeit weniger mit der Anzahl der Menschen, um uns herum zutun hat, sondern vielmehr mit der Tiefe und Qualität unserer Beziehungen.

Wann sollte ich professionelle Hilfe aufsuchen?

Wenn das Gefühl der Einsamkeit zu groß wird und man keine Möglichkeit sieht, alleine aus dieser Situation herauszukommen, kann es sinnvoll sein, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Ein Therapeut oder Berater kann dabei helfen, die Ursachen der Einsamkeit zu identifizieren und Strategien zu entwickeln, um mit diesen Gefühlen umzugehen. „

Es ist keine Schande, sich Hilfe zu holen,“ betont Siedenhans. „Manchmal braucht es einfach jemanden, der von außen draufschaut und einem zeigt, dass es noch andere Wege gibt.“ Diese Aussage zeigt, dass es manchmal notwendig ist, externe Unterstützung zu suchen, um aus der Einsamkeit herauszufinden.

Ich fühle mich wie ein Single, trotz Partner

Manchmal kann man sich auch in einer Partnerschaft einsam fühlen, besonders wenn die emotionale Nähe fehlt.

„Einsamkeit kann auch in einer Partnerschaft auftreten, wenn die Verbindung zu einem Partner nicht mehr so stark ist wie früher,“

erklärt Schilling. Es kann helfen, offen mit dem Partner über diese Gefühle zu sprechen und gemeinsam nach Lösungen zu suchen.

Siedenhans weist darauf hin, dass Kommunikation der Schlüssel ist:

„Wenn man sich in einer Beziehung einsam fühlt, ist es wichtig, das anzusprechen. Oft weiß der Partner gar nicht, wie es einem geht.“

Diese Aussage unterstreicht die Bedeutung der offenen Kommunikation in Partnerschaften.

Hier der Podcast mit Klaus Siedenhans:


Quellen:

  1. Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (2020): „Studie zur Einsamkeit in Deutschland während der COVID-19-Pandemie“
  2. Interview mit Elke Schilling, Gründerin von Silbernetz, im „gelassen älter werden“-Podcast (2021).
  3. Interview mit Klaus Siedenhans, Autor und Coach, im „gelassen älter werden“-Podcast (2023).