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Wenn Narzissmus in den Ruhestand mitzieht – Eine Herausforderung für viele Paare

Stell dir vor, du freust dich auf deinen Ruhestand, hast Pläne geschmiedet, Reisen im Kopf, vielleicht den Garten neu gestalten oder dich ehrenamtlich engagieren. Doch kaum ist der Partner oder die Partnerin ebenfalls zu Hause, zieht ein ungebetener Gast ein: der Narzissmus. Oft leise, manchmal unsichtbar, aber hochwirksam. In dieser Podcastfolge von „Gelassen älter werden“ spricht Bertram Kasper mit Dr. Britta Papay über genau diesen Umbruch. Was passiert, wenn alte Beziehungsmuster in der neuen Lebensphase überraschend laut werden?

Wenn der Dritte im Bett sitzt

„Ich hatte das Bild im Kopf, dass der Narzissmus als dritter Gast zwischen dem Ehepaar sitzt“, sagt Dr. Papay. Was wie ein poetisches Bild klingt, beschreibt eine bittere Wirklichkeit: Viele Paare, gerade aus den Babyboomer-Jahrgängen, leben jahrzehntelang mit verdecktem Narzissmus, der sich erst beim Eintritt in den Ruhestand mit voller Wucht zeigt. Das kann überraschend sein – besonders, wenn die berufliche Bühne für einen der beiden wegfällt und plötzlich der Partner zur Projektionsfläche wird.

Machtspiele im Spiegelei

Was früher als funktional galt – er außen unterwegs, sie hält das Ruder zu Hause – gerät ins Wanken, wenn der ehemals berufstätige Partner auf einmal mitreden will, wie die Butterdose eingeräumt wird. Ein banales Beispiel? Vielleicht. Aber genau dort zeigt sich das subtile Machtspiel: Wer hat jetzt das Sagen, wenn die gewohnten Rollen aufgelöst sind?

Selbstwert, Verlust und neue Rollenbilder

Dr. Papay beschreibt eindrücklich, wie tief der Bedeutungsverlust im Alter einschneiden kann. Gerade für Menschen mit narzisstischer Prägung, deren Selbstwert lange über Status und Karriere gespeist wurde. Wenn dann noch Scham, mangelnde Anpassungsfähigkeit und ein fragiles Ego dazukommen, ist die Beziehung schnell im Schleudergang.

Mentoren statt Monarchen

Doch es gibt Auswege. Ein zentraler Begriff: Selbstwirksamkeit. Wer sich im Alter neue Wirkungsfelder schafft – ob im Ehrenamt, im Sportverein oder als Mentor für jüngere Menschen – kann eigene Bedürfnisse stillen, ohne den Partner zu überrollen. Papays Botschaft ist klar: Beziehungen müssen neu verhandelt werden. Nicht romantisch verklärt, sondern ehrlich, praktisch, manchmal auch unbequem.

Was Kinder sehen – und lernen

Auch die erwachsenen Kinder spüren die Dynamik. Viele kennen das Muster seit frühester Kindheit, manche entdecken erst jetzt die toxischen Strukturen. Ihre Rolle ist nicht, zu schlichten oder zu therapieren. Aber sie können lernen, sich gesund abzugrenzen und eigene Beziehungsmuster zu reflektieren.

Trennung oder neue Architektur?

Nicht immer muss die Trennung der einzige Ausweg sein. Aber auch sie ist legitim, wenn es um seelische Gesundheit geht. Was Dr. Papay ermutigend hervorhebt: Auch im hohen Alter können Menschen sich verändern. Voraussetzung ist der Wille, Verantwortung zu übernehmen. Für das eigene Verhalten, für die Beziehung – und für das Bild, das man im Spiegel sieht.

Fazit: Diese Episode ist ein Weckruf für alle Paare in der dritten Lebensphase. Wer seinen Narzissmus anerkennt, kann lernen, damit umzugehen. Wer ihn ignoriert, riskiert, dass er eines Tages mitten im Bett sitzt. Hörens- und nachdenkenswert.

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