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Es begann nicht mit einem radikalen Entschluss. Nicht mit einer plötzlichen Aufräumaktion, bei der ich Kisten packte, Schränke leerte und mein Leben mit einem Schlag entrümpelte. Es begann viel unspektakulärer. Meine Geschichte zu mehr Minimalismus!

Mit einem vagen Unbehagen, das sich über Jahre hinweg in meinen Alltag einschlich. Mit der Erkenntnis, dass sich mein Besitz nicht mehr, wie ein Schatz anfühlte, sondern wie eine Last. Eine schleichende Erkenntnis, die sich anfangs nicht klar in Worte fassen ließ, die aber mit jedem Jahr deutlicher wurde.

Jedes Regal, jede Schublade war ein Archiv meiner Vergangenheit. Erinnerungen in Gegenständen gefangen. Dinge, die ich einst geliebt hatte, aber nicht mehr benötigte. Dinge, die mich definierten, aber mich nicht mehr lebendig fühlen ließen. Ich hielt an Dingen fest, nicht aus Notwendigkeit, sondern aus einer tief verwurzelten Gewohnheit heraus. Jedes Buch, das ich nicht mehr las, jeder Dekorationsgegenstand, den ich kaum mehr beachtete, stand für eine frühere Version meiner selbst. Doch brauchte ich all diese Dinge noch, um mich selbst zu erkennen, um mich selbst wohlzufühlen?

Und irgendwann stellte ich mir die Frage: Was bleibt, wenn ich loslasse?

Wieso Minimalismus gerade jetzt?

Minimalismus ist nicht nur ein Trend für junge Menschen, die aus ihren WG-Zimmern in die Welt ziehen und mit einem Rucksack durch Südostasien reisen. Er ist auch ein Konzept für jene von uns, die Jahrzehnte des Lebens hinter sich haben – Jahrzehnte, in denen wir Besitztümer angesammelt haben, die uns einst wertvoll waren, doch mit der Zeit ihre Bedeutung verloren haben. 

Doch während junge Menschen Minimalismus oft aus Platzmangel oder aus einem Lebensgefühl der Leichtigkeit heraus praktizieren, kommt in unserem Alter eine neue Dimension hinzu: Minimalismus als eine bewusste Auseinandersetzung mit dem, was wirklich zählt.

Irgendwann wird Besitz zu etwas, das uns hält, anstatt uns zu tragen. Eine Ansammlung von Dingen, die einst Sinn machten, aber inzwischen nur noch Raum einnehmen – in unseren Wohnungen, in unseren Köpfen, in unserem Leben. 

Und mit diesem Festhalten kommt oft eine subtile Angst: Wer bin ich ohne all das? Bedeutet das Loslassen auch einen Abschied von einem Teil meiner Identität? Diese Fragen sind nicht leicht zu beantworten, aber sie sind notwendig, wenn wir herausfinden wollen, was uns wirklich erfüllt.

Minimalismus im Alter ist keine Entsagung. Kein asketischer Rückzug aus der Welt. Vielmehr ist es eine bewusste Entscheidung für das, was wirklich zählt. Es geht nicht darum, Erinnerungen zu löschen, sondern darum, ihnen den richtigen Platz zu geben. Es geht nicht darum, sich von allem zu trennen, sondern das zu bewahren, was uns Kraft gibt, und loszulassen, was uns nur noch belastet.

Es geht um Freiheit.

  • Weniger Dinge – mehr Luft zum Atmen. Ich muss nicht mehr zwischen Stapeln von Büchern nach dem einen suchen, das mich wirklich noch bewegt. Ich möchte nicht mehr durch eine überfüllte Küche navigieren, wenn mir ein paar sorgfältig gewählte Lieblingsstücke genügen. Stattdessen will ich mich von unnötigem Ballast befreien und mich mit dem umgeben, was mich inspiriert und mir Freude bereitet.
  • Ein Zuhause, das mich trägt. Räume sollen mich einladen, nicht überfordern. Ich will nicht von Möbeln umzingelt sein, die ich nur aus Gewohnheit behalten habe. Stattdessen will ich mein Zuhause als einen Ort erleben, der mich unterstützt, indem ich aufatmen kann. Jeder Gegenstand in meinen Räumen soll einen Sinn haben, eine Funktion oder eine Bedeutung, die über bloße Gewohnheit hinausgeht.
  • Ein Geschenk an die, die nach mir kommen. Ich möchte meinen Kindern keine Aufgabe hinterlassen, die sich wie eine Reise durch ein fremdes Museum anfühlt. Sie sollen mich in Erinnerungen behalten – nicht in unzähligen Kisten voller Vergangenem. Ich habe oft gehört, wie belastend es für Angehörige sein kann, sich durch die Hinterlassenschaften ihrer Eltern zu wühlen, Entscheidungen darüber zu treffen, was behalten oder entsorgt werden soll. Ich möchte es ihnen leichter machen, indem ich schon jetzt Klarheit schaffe.
  • Mehr Klarheit, weniger Ablenkung. Mit jedem Gegenstand, den ich loslasse, entsteht Platz. Nicht nur in meiner Wohnung, sondern in meinem Denken. Ich merke, dass meine Gedanken klarer werden, dass ich mich weniger in unwichtigen Dingen verliere. Mein Geist fühlt sich leichter an, freier. Ich halte nicht mehr fest, sondern öffne mich für das, was wirklich zählt.

Und so begann ich – langsam, und natürlich mit einem leichten Widerstand. Und mit jeder Schublade, die leerer wurde, wurde etwas in mir leichter.

Wann wird Besitz zur Last?

Das passiert schleichend.

Am Anfang sind es nur ein paar Kisten auf dem Dachboden. Eine Schublade, die nicht mehr richtig schließt. Ein Kleiderschrank voller Dinge, die ich seit Jahren nicht getragen habe. Dinge, die sich über Jahrzehnte angesammelt haben, von denen ich aber gar nicht mehr wusste, dass ich sie besitze. Erinnerungsstücke, Geschenke, Dinge, die ich vielleicht noch irgendwann brauchen könnte – all das füllt die Räume meines Lebens, oft, ohne dass ich es bewusst wahrnehme.

Ich erzählte mir Geschichten darüber, warum ich alles behalten musste:

  • „Das könnte ich noch brauchen.“
  • „Das war teuer.“
  • „Daran hängen Erinnerungen.“

Doch als ich mir Zeit nahm, wirklich hinzusehen, erkannte ich, dass vieles davon nicht mehr mich spiegelte – sondern nur noch meine Vergangenheit. Wie viele der Dinge, die mich umgaben, waren eigentlich nur aus Angst vor Veränderung geblieben? Und wie oft hatte ich mich gefragt, ob ich ohne sie weniger vollständig wäre?

Minimalismus bedeutet, das Richtige auszuwählen.

  • Mein Alltag wird reicher. Weniger Dinge bedeuten weniger Suchen, weniger Aufräumen – und mehr Zeit für das, was mich wirklich erfüllt. Statt jeden Tag mit der Ordnung meiner Besitztümer beschäftigt zu sein, kann ich mich dem widmen, was mir wirklich wichtig ist: meiner Familie, meinen Freunden, meinen Leidenschaften.
  • Ich investiere in Erlebnisse. Gespräche, Reisen, Begegnungen. Erinnerungen, die nicht in Regalen verstauben, sondern in mir lebendig bleiben. Ich möchte meine Zeit nicht damit verbringen, Dinge zu pflegen, die ich kaum nutze, sondern Erfahrungen zu sammeln, die mich bereichern und inspirieren.
  • Ich kaufe aus Bewusstsein. Jedes neue Ding muss einen Platz haben – nicht nur im Raum, sondern auch in meiner Geschichte. Ich frage mich bei jedem Kauf: Bereichert mich das wirklich? Brauche ich das wirklich? Und oft merke ich, dass die Antwort „Nein“ ist.

Minimalismus und finanzielle Unabhängigkeit – eine Verbindung?

In meinem Gespräch mit FM Rommert, mit dem ich mich über finanzielle Unabhängigkeit und den sogenannten Freipunkt unterhielt, wurde mir klar, dass Minimalismus und finanzielle Freiheit eng zusammenhängen.

FM definierte den Freipunkt so:

„Freipunkt ist der Punkt im Leben, ab dem Erwerbsarbeit optional wird. Das heißt, ich kann noch arbeiten, muss es aber nicht.“

Ein zentraler Punkt dabei ist die Frage: Was ist genug?

Wir leben in einer Gesellschaft, die uns ständig einredet, dass wir mehr brauchen – mehr Geld, mehr Besitz, mehr Sicherheit. Doch wann reicht es?

FM erzählte mir von seinem eigenen Weg:

„Ich habe erst eine schmerzhaft hohe Summe verlieren müssen, um zu verstehen, dass ich meine Finanzen selbst in die Hand nehmen muss. Mein Finanzberater war plötzlich verschwunden – mitsamt meinem Geld. Das war der Moment, in dem mir klar wurde: Verantwortung für meine Finanzen kann ich nicht auslagern. Ich muss sie selbst übernehmen.“

Diese Erkenntnis ließ mich innehalten.

Wie viele von uns haben in ihrem Leben auf „Experten“ vertraut, die ihre eigenen Interessen verfolgten? Wie oft haben wir unsere finanzielle Zukunft, als etwas betrachtet, das sich „irgendwie schon regeln wird“?

FM sprach auch darüber, wie wichtig es ist, eine klare Vorstellung davon zu haben, was wir wirklich brauchen, um uns sicher zu fühlen:

„Solange du nicht weißt, was für dich genug ist, wirst du immer in Unsicherheit leben. Und genau dort setzen Finanzberater an – sie verkaufen dir teure Produkte, indem sie deine Angst nutzen.“

Ich dachte daran, wie sehr uns auch unser Besitz eine falsche Sicherheit gibt. Ein volles Haus, ein gut gefülltes Bankkonto – und dennoch kann das Gefühl der Unruhe bleiben.

Minimalismus im Alter bedeutet also nicht nur, Dinge loszulassen, sondern auch alte finanzielle Muster zu überdenken.

Hier geht es zum Podcast mit FM Rommert!

Ein Vermögenshandbuch für den Minimalismus

Ein besonders wertvoller Tipp aus meinem Gespräch mit FM war die Idee eines Vermögenshandbuchs.

Ein solches Handbuch enthält:

✅ Eine Übersicht aller finanziellen Konten
✅ Wichtige Passwörter
✅ Informationen über Versicherungen
✅ Eine Zusammenstellung relevanter Dokumente wie Patientenverfügung oder Vorsorgevollmacht

FM erzählte mir eine Geschichte über seine Mutter, die plötzlich ins Krankenhaus musste. Dank eines gut vorbereiteten Vermögenshandbuchs konnten alle notwendigen Entscheidungen schnell und ohne Unsicherheiten getroffen werden.

Ein solches Handbuch schafft Klarheit – für uns selbst und für unsere Angehörigen.


Minimalismus im Alter – eine Einladung zur Freiheit

Vielleicht bedeutet Älterwerden auch, sich zu befreien.

Für mich geht es darum, weniger, aber bewusster zu leben.

Ich möchte nicht von der Vergangenheit erdrückt werden. Ich möchte Raum für die Zukunft. Raum für das, was mich jetzt belebt.

Minimalismus ist kein Verlust. Es ist eine Befreiung.

Es ist ein bewusster Schritt zurück – um das Leben klarer zu sehen.

Und vielleicht ist es genau das, was bleibt:

Nicht das Besitzen, sondern das Erleben. Nicht das Anhäufen, sondern das Sein.