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Demenz erkennen und den Alltag gestalten – Ein Gespräch mit Prof. Dr. Klaus Fließbach
Demenz ist eine der großen Herausforderungen des Älterwerdens. Sie betrifft nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch deren Angehörige, die oft mit Unsicherheiten und Ängsten konfrontiert sind. In unserem jüngsten Podcast von „Gelassen älter werden“ hatten wir die Gelegenheit, mit Prof. Dr. Klaus Fließbach über dieses wichtige Thema zu sprechen. Er ist Facharzt für Neurologie, Psychiatrie und Psychotherapie und leitet die Gedächtnisambulanz am Universitätsklinikum Bonn. Gemeinsam mit ihm haben wir erkundet, wie Demenz frühzeitig erkannt werden kann, welche Therapiemöglichkeiten es gibt und wie der Alltag trotz Diagnose gestaltet werden kann.
Was ist Demenz?
Prof. Fließbach erklärt Demenz als einen fortschreitenden Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit, der so stark ist, dass er die selbstständige Lebensführung beeinträchtigt. Dabei handelt es sich meist um neurodegenerative Prozesse, bei denen Nervenzellen im Gehirn langsam absterben. Besonders häufig ist die Alzheimer-Krankheit, aber auch andere Formen wie vaskuläre Demenz spielen eine Rolle.
Ein wichtiges Kennzeichen ist, dass die Symptome nicht von einem Tag auf den anderen auftreten, sondern sich schleichend entwickeln. In frühen Stadien sind es oft Gedächtnisprobleme, die den Alltag beeinflussen. Fällt es zunehmend schwerer, neue Informationen zu speichern oder sich an wichtige Dinge zu erinnern, sollte ein Arzt aufgesucht werden.
Warum eine frühzeitige Diagnose wichtig ist
Ein zentraler Punkt im Gespräch war die Bedeutung einer frühzeitigen Diagnose. Viele Betroffene und Angehörige zögern, zum Arzt zu gehen, da sie Angst vor der Diagnose haben. Prof. Fließbach betont jedoch, dass es wichtig ist, Klarheit zu schaffen. Nur so können behandelbare Ursachen ausgeschlossen und der richtige Umgang mit der Erkrankung gefunden werden. Eine umfassende Diagnostik beinhaltet neben Gesprächen und Tests auch bildgebende Verfahren wie ein MRT und manchmal eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquor).
Therapiemöglichkeiten: Von Bewegung bis Medikation
In der Therapie von Demenz gibt es zwei zentrale Ansätze: nicht-medikamentöse und medikamentöse Behandlungen.
Nicht-medikamentöse Therapien
Hier spielen vorwiegend Ergotherapie, Bewegung und soziale Teilhabe eine große Rolle. Ergotherapeuten können Betroffene dabei unterstützen, Strategien zu entwickeln, um ihren Alltag besser zu bewältigen. Besonders Bewegung ist entscheidend, da sie nicht nur die körperliche Gesundheit fördert, sondern auch das Gehirn stimuliert. Studien zeigen, dass aktives Verhalten dazu beitragen kann, den Verlauf der Krankheit positiv zu beeinflussen.
Medikamentöse Therapien
Obwohl es keine Heilung für Demenz gibt, können bestimmte Medikamente den Krankheitsverlauf verzögern. Dazu gehören Acetylcholinesterasehemmer und Memantin, die primär bei Alzheimer zum Einsatz kommen. Auch die Behandlung begleitender Symptome wie Depressionen oder Schlafstörungen ist wichtig, um die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten.
Die Rolle der Angehörigen
Demenz betrifft niemals nur die Betroffenen allein. Die Angehörigen spielen eine zentrale Rolle im Umgang mit der Krankheit. Prof. Fließbach betont, wie wichtig es ist, die Diagnose zu akzeptieren und einen wertschätzenden Umgang zu pflegen. Dabei hilft das Konzept der Validation: Anstatt die Realität des Erkrankten zu korrigieren, wird sie anerkannt. Dies kann helfen, Konflikte zu vermeiden und eine respektvolle Beziehung aufrechtzuerhalten.
Ebenso wichtig ist es, dass Angehörige auf ihre eigene Gesundheit achten. Überlastung und Stress sind häufige Probleme, denen mit Unterstützung von außen, wie Selbsthilfegruppen oder Entlastungsangeboten, begegnet werden kann.
Hoffnung und Ausblick
Trotz der Schwere der Diagnose vermittelt Prof. Fließbach eine wichtige Botschaft: Es gibt Hoffnung. Forschungsergebnisse der letzten Jahre zeigen Fortschritte, insbesondere bei der Entwicklung neuer medikamentöser Ansätze. Auch die gesellschaftliche Wahrnehmung von Demenz wandelt sich hin zu einem offeneren und wertschätzenden Umgang mit Betroffenen.
Fazit: Gemeinsam den Weg gestalten
Demenz ist eine Herausforderung, die Mut, Wissen und Zusammenhalt erfordert. Mit frühzeitiger Diagnose, geeigneten Therapieansätzen und einem liebevollen Umfeld können Betroffene und Angehörige Wege finden, den Alltag trotz Krankheit positiv zu gestalten. Wie Prof. Fließbach treffend sagt: „Das Schlimmste, was wir tun können, ist vor einer Demenzdiagnose zu resignieren – denn dann hat die Krankheit gewonnen.“
Wir laden Sie ein, die komplette Podcast-Folge zu hören und mehr über das Thema zu erfahren. Teilen Sie gerne Ihre eigenen Erfahrungen in den Kommentaren – gemeinsam können wir voneinander lernen und ein besseres Verständnis für das Leben mit Demenz entwickeln.
Zum Weiterlesen:
- Buchtipp: „Demenz – nicht jetzt“ von Prof. Dr. Klaus Fließbach und Dr. Katrin Wolf
- Mehr erfahren: Podcast-Episode mit Kathrin Fritz über Demenz und Pflege
Bertram Kasper ist Podcaster, Blogger, Autor, Speaker, Altersstratege und wird gerne als Visionär in Sachen Älterwerden bezeichnet. Ihm ist es ein Anliegen, mit seinem Podcast, seinem Magazin und mit seinen Vorträgen einen differenzierten Blick auf das Älterwerden zu werfen.
Hier auf seiner Internetseite können Sie seinen Podcast hören, in seinem Magazin lesen und ihn für Vorträge buchen.