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Zu jung? Zu alt? Egal! – Wieso wir Altersbilder sprengen und Arbeitswelten umbauen müssen

Eine Folge, die persönlich wird, politisch denkt und freundlich provoziert – es geht um Altersbilder

Es gibt Sätze, die schneiden. „Dafür bist du noch zu grün hinter den Ohren.“ Oder: „Mit 55 lernt man sowieso nichts Neues mehr.“ Solche Altersklischees sitzen tief – in Bewerbungsgesprächen, in Teeküchen, manchmal auch in uns selbst. In der neuen Episode von Gelassen älter werden sprechen wir mit Clara Vuillemin (33) und Peter Lau (64) über genau diese blinden Flecken. Die beiden haben das Buch „Zu jung? Zu alt? Egal!“ (brand eins Verlag) geschrieben – klug, leichtfüßig, witzig und erstaunlich zärtlich mit unseren Widersprüchen.

Freundschaft als Zukunftslabor

Clara und Peter verbindet eine enge Freundschaft über drei Jahrzehnte Altersunterschied. Kein Projekt aus Kalkül, sondern gewachsen aus Neugier und Resonanz. Altersbilder haben sie abgelegt! Was passiert, wenn Statusdenken leiser gedreht wird und man sich wirklich auf Augenhöhe begegnet? Man lernt – voneinander und miteinander. Die eine tanzt, der andere macht die Playlist (Stichwort No Age Dance, vom Charleston bis Dua Lipa). Und plötzlich wird spürbar: Alter ist keine Zahl, sondern eine Haltung.

„Wie jemand aussieht, sagt mir gar nichts darüber, wer dieser Mensch ist.“ – Clara Vuillemin

Lebenswellen statt Karriereleitern

Das alte Skript – erst lernen, dann 40 Jahre arbeiten, am Ende erschöpft ins Off – passt nicht mehr zu langen, vielfältigen Leben. Wir sprechen über Wellen statt Leitern: Phasen intensiver Arbeit, Phasen des Lernens, Phasen des Ausruhens. Wieso nicht eine 30‑Stunden‑Woche als neue Norm? Warum nicht das Recht auf Weiterbildung Mitte 40/50, abgesichert und gut bezahlt, gerade für Menschen in körperlich harten Berufen? Wer in der Lebensmitte weniger brennt, muss nicht „weniger wollen“, sondern vielleicht „klüger verteilen“.

Strukturen ändern – nicht Menschen verbiegen

Viele spüren: Starre Hierarchien, festbetonierte Posten und die Kopplung von Gehalt an Position blockieren. Jüngere kommen nicht rein, Ältere kommen nicht raus – und alle verlieren. Ein Vorschlag der Gäste: Rolle und Gehalt entkoppeln, Verantwortungen rotieren lassen, Führung teilen. Das entkrustet Macht und schafft Platz für Erfahrung und frische Blickwinkel.

Best Practice: Senior Experts

Ein Beispiel, das Mut macht: ThyssenKrupp hat mit „Senior Experts“ Strukturen geschaffen, in denen erfahrene Mitarbeitende nach dem Rentenalter projektbasiert weiterarbeiten – flexibel, sinnvoll, ohne Präsenztheater. Keine nächtlichen „Warte-auf-die-Mail“- Rituale, sondern Arbeit, die Wirkung hat. Genau solche Modelle können Unternehmen heute pilotieren: klein anfangen, lernen, ausrollen. So werden neue Altersbilder geschaffen.

Geld, Zeit, Gerechtigkeit

Ein Detail, das hängenbleibt: Das Durchschnittsalter beim Erben liegt bei rund 60–65. Das bedeutet: Viele haben das Geld später, nicht in den Phasen, in denen Kinder, Wohnraum, Pflegezeiten und Neuorientierung finanziell drücken. Warum also nicht Renten- und Erbschaftsmodelle flexibilisieren – vorgezogene Rentenanteile für Familienzeiten, Bildungsschleifen oder Pflege, und rechtssichere Möglichkeiten für „vorweggenommene Erbanteile“? Nicht als Luxus, sondern als Investition in Lebenskraft über die Spanne.

Angst vor Veränderung? Verständlich – und überwindbar!

Widerstände sind normal. Wer etwas hat, fürchtet Verlust stärker, als andere möglichen Gewinn lieben. Dazu kommt: Ökonomische Unsicherheit frisst innere Beweglichkeit. Unsere Gäste plädieren deshalb für Strukturen, die Mut belohnen: sichere Übergänge, geförderte Neuqualifizierung, transparente interne Wechsel. Je planbarer der Schritt, desto leichter wird er gegangen.

Gelassenheit ≠ Gleichgültigkeit

Zum Schluss wird’s persönlich: Gelassenheit wächst – aber bitte nicht als müde Abwink-Geste. Gelassenheit ohne Aktivität ist Trägheit. Und Trägheit ist, nun ja, sehr langweilig. Die Kunst besteht darin, ruhiger zu werden undbeweglich zu bleiben: offen für Neues, ohne beim ersten Gegenwind zurückzurudern.

Drei konkrete Impulse

Für Einzelne:

  • Suche Mischzonen: Orte, an denen Generationen sich begegnen (Vereine, Initiativen, Coworking, Ehrenamt). Freundschaften brauchen Räume.
  • Trainiere deinen Neugier‑Muskel: Stell die Frage hinter der Schublade – „Wer bist du, jenseits von Alter, Jobtitel, Status – Was kannst du zu einem veränderten Altersbild beitragen?“
  • Plane in Wellen: Mini‑Sabbaticals, Lernfenster, Erholungsinseln. Kleine Brüche verhindern den großen.

Für Teams & Unternehmen:

  • Rollen/Gehalt entkoppeln, Verantwortung rotieren, Tandem‑Führung testen.
  • Senior‑Expert‑Pools aufbauen: projektbezogen, freiwillig, fair honoriert.
  • Weiterbildung 45+ als Standardprozess verankern; Wechselpfade in weniger körperliche Tätigkeiten öffnen.

Für Politik & Gesellschaft:

  • 30‑Stunden‑Woche ernsthaft prüfen – gesundheitlich, volkswirtschaftlich, familiensoziologisch.
  • Flexible Rentenmodelle und vorgezogene Erbregelungen erleichtern (mit klaren Leitplanken).
  • Öffentliche Lernzeiten finanzieren – denn Bildung im Alter ist kein Hobby, sondern Standortfrage.

Weiterhören: Die vollständige Episode mit Clara Vuillemin und Peter Lau zeigt, wie unterschiedlich Leben gelingen kann – und warum es sich lohnt, hartnäckige Altersbilder freundlich auseinanderzunehmen.

„Gelassenheit ohne Aktivität ist Trägheit – und Trägheit ist sehr, sehr langweilig.“ – Peter Lau

Wenn dich das Thema berührt: Teile die Folge mit Menschen, die Brücken schlagen – zwischen Erfahrung und Aufbruch, zwischen ruhiger Hand und wachem Geist. Die selbst einen Beitrag für neue Altersbilder leisten. Und sag uns gern, wo du gerade eine Schublade ausmistest.

Zur Vertiefung:

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