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Altersarmut – Mehr als ein finanzielles Problem: Eine ethische Perspektive
Jeder fünfte Rentner in Deutschland ist heute von Altersarmut bedroht. Eine erschreckende Zahl, die uns alle zum Nachdenken anregen sollte. In unserem aktuellen Podcast-Interview spricht Dr. Helmut Gaisbauer vom Zentrum für Ethik und Armutsforschung der Universität Salzburg über die vielfältigen Dimensionen von Altersarmut. Seine Erkenntnisse möchten wir hier mit Ihnen teilen. Es ist ein besonders bewegendes und tiefgründiges Gespräch dabei herausgekommen. Mit großer Sensibilität nähern wir uns einem Thema, das uns alle angeht!
Was bedeutet Altersarmut wirklich?
Altersarmut ist mehr als nur ein leeres Bankkonto. Sie bedeutet, nicht mehr am gewohnten gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können. Besonders im Alter wiegt diese Einschränkung schwer, denn die Möglichkeiten, die finanzielle Situation zu verbessern, sind begrenzt. „Es ist eine besonders verletzliche Lebensphase“, erklärt Dr. Gaisbauer. „Die Handlungsspielräume sind eng begrenzt, und oft kommt zur materiellen Not noch soziale Isolation hinzu.“
Die strukturellen Ursachen
Wie kommt es zu Altersarmut? Die Gründe sind vielfältig:
– Unterbrochene Erwerbsbiografien
– Niedriglöhne während des Arbeitslebens
– Ein Rentensystem, das hauptsächlich auf männliche Erwerbsbiografien ausgerichtet ist
– Zunehmend prekäre Arbeitsverhältnisse
Besonders Frauen sind von Altersarmut betroffen, da sie häufig wegen Kindererziehung oder Pflege von Angehörigen ihre Erwerbstätigkeit unterbrechen oder reduzieren mussten.
Kraftquellen trotz Armut
Doch selbst in schwierigen finanziellen Situationen finden Menschen Wege, ihr Leben würdevoll zu gestalten. „Geben können als Kraftquelle“ – dieses Zitat von Dr. Gaisbauer zeigt eine überraschende Perspektive auf. Menschen in Armut haben oft eine besondere Stärke: Sie bleiben füreinander da, unterstützen andere trotz eigener Einschränkungen.
Die ethische Dimension
Als Gesellschaft stehen wir vor wichtigen Fragen:
– Wie schützen wir die Würde älterer Menschen, unabhängig von ihrer finanziellen Situation?
– Welchen Wert messen wir Menschen bei, die nicht mehr „produktiv“ im klassischen Sinne sind?
– Wie können wir Teilhabe ermöglichen, auch mit begrenzten finanziellen Mitteln?
Was können wir tun?
1. Bewusstsein schaffen: Altersarmut ist kein individuelles Versagen, sondern oft das Ergebnis struktureller Probleme.
2. Gemeinsam aktiv werden: Schauen Sie in Ihrer Nachbarschaft hin. Oft braucht es keine großen finanziellen Mittel, um andere zu unterstützen.
3. Politisch engagieren: Setzen Sie sich für einen verbesserten Wohlfahrtsstaat ein, der niemanden zurücklässt.
4. Vorsorge treffen: Informieren Sie sich frühzeitig über Möglichkeiten der Altersvorsorge.
Ein Appell an die Gesellschaft
Dr. Gaisbauer betont: „Als Gesellschaft müssen wir die Frage beantworten, wo wir Geld mobilisieren und investieren.“ Dies ist keine rein finanzielle, sondern vor allem eine ethische Frage. Es geht um Würde, Respekt und die Gestaltung einer Gesellschaft, in der alle Menschen bis ins hohe Alter ein erfülltes Leben führen können.
Zum Weiterlesen
- Selke, Stefan (2015): „Schamland: Die Armut mitten unter uns“
- Zentrum für Ethik und Armutsforschung, Universität Salzburg
- Homepage von Dr. Helmut Gaisbauer
Bertram Kasper ist Podcaster, Blogger, Autor, Speaker, Altersstratege und wird gerne als Visionär in Sachen Älterwerden bezeichnet. Ihm ist es ein Anliegen, mit seinem Podcast, seinem Magazin und mit seinen Vorträgen einen differenzierten Blick auf das Älterwerden zu werfen.
Hier auf seiner Internetseite können Sie seinen Podcast hören, in seinem Magazin lesen und ihn für Vorträge buchen.