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Wir alle wissen seit Jahren, dass unsere Gesellschaft immer langlebiger wird und das Durchschnittsalter kontinuierlich steigt. So gibt es nach statista Ende 2022 12,49 Millionen Babyboomer und 18,7 Millionen Menschen über 65 Jahre. Das Thema der langlebigen Gesellschaft rückt mit Kraft in den Fokus, auch der medialen Öffentlichkeit.

Haben Sie schon mal das Wort Granfluencer gehört? Eine Wortschöpfung, die sich aus Grandparent und Influencer zusammensetzt. Sie brechen mit den gängigen Stereotypen des Alters und zeigen, dass das Leben im Alter aktiv, erfüllend und inspirierend sein kann.

Granfluencer haben in vielen Fällen eine authentische Art, ihre Geschichten und Erfahrungen zu teilen, was bei einer breiten und oft auch jüngeren Zielgruppe Anklang findet. Sie zeigen eine andere Seite des Älterwerdens und tragen dazu bei, die Wahrnehmung des Alters in der Gesellschaft positiv zu verändern.

Soweit – so gut! Da lässt sich zustimmen und diese Initiativen tragen dazu bei, Altersdiskriminierung abzubauen. Dies möchten wir mit unserem Podcast auch. Einen Beitrag für eine Kultur des Pro Agings in unserer Gesellschaft leisten. Dies scheint auch dringend notwendig zu sein. In England, Deutschland und jetzt auch ganz neu in den Niederlanden gibt es aufwendig gestaltete und gut gemachte Kampagnen gegen Altersdiskriminierung. Diese Entwicklungen sollten konsequent fortgesetzt werden. Das Leben im Alter ist so individuell wie die Menschen und ihre Geschichten eben.

Doch es gibt eine 2. Seite der Medaille zum Leben im Alter

Wie ist es mit den auch vorhandenen unguten und negativen Gefühlen, vielleicht sogar mit Angst? Wie ist es mit den Themen Einsamkeit, Verlust, Endlichkeit, dem körperlichen und geistigen Abbau, der Altersarmut. Diese Aspekte haben auch einen Anteil zum Leben im Alter.

Löst das positive Gefühle aus? Das will doch kein Mensch hören, oder? Das Alter muss rocken und gibt Fun bis zum Anschlag.

Doch eins ist auch klar und das bringt das Altwerden unzweifelhaft mit sich, es wird Einschnitte geben, gesundheitliche Einschränkungen, Verluste in nächster Umgebung, die Konfrontation mit körperlichen und geistigen Abbau. All diese Entwicklungen erfordern Anpassungsprozesse, die von den Menschen erfahrungsgemäß unterschiedlich verarbeitet werden.

Oder stellen Sie sich vor, ihre beste Freundin oder ihr bester Freund erkrankt lebenslimitierend und stirbt. Wie damit umgehen, wie mit ihren oder seinen Angehörigen im Gespräch bleiben, auch wenn es schwerfällt. Worte für das Unfassbare, für die Endlichkeit finden. Wer will sich schon gerne damit konfrontieren? Ein Dialog über die damit verbundene Angst scheint fast unmöglich, doch könnte er vielleicht so hilfreich sein.

Und was ist mit den vermeintlich leichteren Fragen: Wie wollen wir ab 70 oder 75 Jahren unser Leben im Alter gestalten? Noch in unserem großen Haus oder vielleicht doch lieber eine Verkleinerung oder ins Betreute Wohnen im Nachbarort. Was ist vorstellbar und was ist vorrangig finanzierbar?

Vor diesem Hintergrund habe ich einmal versucht, die beiden Seiten der Medaille etwas genauer in den Blick zu nehmen. Ich nehme Sie mit in Pro- und eine Contra Position, und erhoffe mir dadurch einen Betrag zu etwas Differenziertheit in das Thema „Leben im Alter“ zu leisten.

Feedback ausdrücklich erwünscht!

Pro Seite: „Lebensherbst in voller Blüte: Das Potenzial des Älterwerdens entdecken”

Ist es nicht an der Zeit, dass wir die Vorstellung, das Alter sei eine absteigende Phase, endgültig über Bord werfen? Ich fordere Sie auf, den Vorhang zu heben für ein Szenario, in dem das Alter nicht nur gelebt, sondern zelebriert wird!

In einer Welt, in der die durchschnittliche Lebenserwartung stetig steigt, wieso sollten wir diese gewonnenen Jahre als Bürde ansehen und nicht als eine einzigartige Chance, die Leben und Gesellschaft bereichert? Ist es nicht an der Zeit, das Alter als den Beginn von etwas Großem zu betrachten?

Neue Freiheiten 

Bedenken Sie, wie viele von uns jahrelang in Berufen feststeckten, die wenig Raum für persönliche Entfaltung boten. Und jetzt, im Ruhestand, öffnet sich plötzlich ein Universum der Möglichkeiten. Haben wir nicht das Recht, diese neu gewonnene Freiheit zu nutzen? 

Stellen Sie sich vor, wie befreiend es sein muss, morgens aufzuwachen und zu wissen, dass der Tag ganz Ihnen gehört. Keine Meetings, keine Fristen – nur unendliche Möglichkeiten, das zu tun, was Sie schon immer tun wollten. 

Wie viele von uns haben verborgene Talente, die nie zum Vorschein kamen, weil die Pflichten des Berufslebens uns im Griff hatten? Das Leben im Alter bietet uns die einzigartige Chance, diese Fesseln abzuwerfen. Ist das nicht der wahre Luxus des Lebens?

Weisheit und Erfahrung

Wir leben in einer Gesellschaft, die Schnelllebigkeit und Neuerungen glorifiziert, aber haben wir nicht bewiesen, dass echte Weisheit durch Lebenserfahrung kommt? 

Jedes Jahrzehnt unseres Lebens poliert unseren Verstand und unser Verständnis, verfeinert unsere Fähigkeiten im Umgang mit Menschen und Problemen. 

Wieso also wird diese immense Ressource so oft übersehen? 

Ältere Menschen sind nicht nur Zeitzeugen; sie sind Mentoren, Berater, Geschichtenerzähler, die jungen Menschen Orientierung bieten können. Sind wir bereit, auf diesen Schatz an Wissen zu verzichten, nur weil unsere Gesellschaft Jugend über alles stellt? 

Das würde bedeuten, dass wir wertvolle Einblicke und Rat ignorieren, die nur durch Jahre des Erlebens und Lernens erworben werden können.

Technologie und Vernetzung

Warum sollte die digitale Revolution nur den Jungen vorbehalten sein? Sind ältere Menschen nicht ebenso fähig, die Früchte der Technologie zu ernten? Von Granfluencer:innen und ihre Gestaltung vom Leben im Alter war schon die Rede.

Tatsächlich nutzen immer mehr Senioren das Internet und soziale Medien nicht nur zur Unterhaltung, sondern als Werkzeuge zur Weiterbildung und als Mittel gegen Isolation. Ist es nicht erstaunlich, dass wir in einem Zeitalter leben, in dem ein Großelternteil via Videoanruf seinen Enkeln beim Aufwachsen zusehen kann, auch wenn sie tausende Kilometer entfernt sind? 

Dieses neue Zeitalter der Vernetzung hat das Potenzial, die traditionellen Altersgrenzen zu sprengen und eine Brücke zu schlagen zwischen den Generationen. 

Warum also sollten wir uns davor scheuen, ältere Menschen als aktive Teilnehmer an unserer digitalen Welt zu sehen?

Gesundheitsbewusstsein und Prävention 

Die Fortschritte in der Medizin und im Gesundheitsbewusstsein haben die Türen zu einem längeren, gesünderen Leben aufgestoßen. Doch wie oft hören wir noch immer, dass Alter automatisch Krankheit und Schwäche bedeutet? 

Diese überholte Ansicht ignoriert die Realität, dass viele ältere Menschen heute aktiver und gesünder leben als je zuvor. Sie joggen, schwimmen, reisen und engagieren sich in ihren Gemeinden. 

Warum also sollten wir diese Entwicklungen nicht als die Regel statt als die Ausnahme betrachten? 

Ist es nicht an der Zeit, dass wir die gesellschaftliche Wahrnehmung von Alter als einer absteigenden Phase zu einer Zeit der Gesundheit und Vitalität wandeln?

Gesellschaftlicher und kultureller Beitrag 

Ältere Menschen sind oft die Bewahrer von Kultur und Tradition, doch sie sind auch Innovatoren und Kreatoren, die aktiv zur kulturellen Vielfalt unserer Gesellschaft beitragen. 

Wie oft wird jedoch ihr Potenzial übersehen oder unterbewertet, einfach weil sie nicht mehr jung sind? Dies zu ignorieren, wäre ein großer Verlust für unsere Gesellschaft. 

Warum nicht die Erfahrung und die tiefe kulturelle Einsicht älterer Menschen nutzen, um Brücken zwischen der Vergangenheit und der Zukunft zu bauen? Wie können wir es uns leisten, auf diese reichen Ressourcen zu verzichten, gerade auch vor dem Hintergrund vielfältiger gesellschaftlicher Herausforderungen?

Wirtschaftliche Potenziale 

Vergessen wir nicht das ökonomische Kapital, das ältere Menschen in unsere Gesellschaft einbringen. Ihre finanzielle Weisheit, gepaart mit Lebenserfahrung, macht sie zu wertvollen Teilnehmern am wirtschaftlichen Geschehen. 

Doch wie oft werden ältere Menschen als wirtschaftliche Last dargestellt? Diese Sichtweise ist nicht nur falsch, sondern auch gefährlich. Ältere Menschen sind Konsumenten, Berater, Unternehmer und Investoren, die wesentlich zur Dynamik unserer Wirtschaft beitragen. 

Warum also sollten wir dieses Potenzial nicht feiern und fördern?

Also…

Lassen Sie uns daher eine neue Ära einläuten, in der das Leben im Alter als Beginn einer der erfüllenden Phasen anerkannt wird. Eine Ära, in der ältere Menschen als wertvolle, aktive Mitglieder der Gesellschaft geschätzt werden. Ich fordere Sie auf, mit mir zu sagen: Das Alter muss nicht nur respektiert, sondern gefeiert werden. Es muss rocken! Sind Sie bereit, diese Vision zu teilen? 

Contra-Seite: „“Jenseits des Silberglanzes: Die ungeschminkten Herausforderungen des Älterwerden”

Während die Gesellschaft oft ein verklärtes Bild vom goldenen Ruhestand malt, stehen wir vor einer unbequemen Wahrheit: Im Alter ist nicht immer alles Gold, was glänzt. Sind wir wirklich bereit, die Augen vor den ernsthaften Herausforderungen zu verschließen, die das Älterwerden mit sich bringt? 

Heute möchte ich diese idealisierte Vorstellung infrage stellen und zeigen, dass das Leben im Alter nicht nur eine Zeit des Gewinns, sondern auch des potenziellen Verlusts ist. Wie können wir ehrlich von einer Zeit des Potenzials sprechen, wenn für viele ältere Menschen grundlegende Bedürfnisse und Lebensqualität auf dem Spiel stehen?

Gesundheitliche Probleme 

Beginnen wir mit der Gesundheit. Es ist eine unbestreitbare Tatsache, dass mit dem Alter gesundheitliche Probleme zunehmen. Chronische Krankheiten wie Herzleiden, Diabetes und Arthritis werden fast schon zur Norm. 

Und was ist mit den psychischen Belastungen? Depression und Einsamkeit sind weitverbreitet unter älteren Menschen, die oft isoliert von der restlichen Gesellschaft leben. Ist es fair, diese bedeutsamen Herausforderungen zu ignorieren und stattdessen eine glanzvolle Fassade des Alters zu präsentieren? Wie können wir behaupten, dass das Alter rockt, wenn so viele mit Schmerz und Leid kämpfen?

Einsamkeit und soziale Isolation 

Einsamkeit im Alter ist eine weitere bittere Realität. Mit dem Verlust von Lebenspartnern und Freunden, dem Auszug der Kinder und oft eingeschränkter Mobilität wird das soziale Netzwerk, das einmal eine Quelle von Freude und Unterstützung war, brüchig. 

Studien zeigen, dass Einsamkeit das Risiko für eine Vielzahl von physischen und psychischen Krankheiten erhöht. Wo bleibt das Versprechen von einem erfüllten und aktiven Ruhestand, wenn Millionen älterer Menschen ihren Tag in Isolation verbringen? Wie würde es Ihnen gehen, wenn die Tage lang und die Nächte einsam sind?

Hier der Link zu 2 Podcasts zum Thema Einsamkeit!

Wirtschaftliche Unsicherheit

Wirtschaftliche Unsicherheit ist eine weitere Herausforderung, die wir nicht übersehen dürfen. Nicht jeder hat das Privileg, eine ausreichende Rente zu genießen. Viele ältere Menschen leben am Rande der Armut, abhängig von der Sozialhilfe oder gezwungen, auch im hohen Alter noch zu arbeiten. 

Warum sprechen wir von den goldenen Jahren, wenn für viele ältere Menschen jeder Tag ein Kampf um finanzielle Stabilität ist? Wie können wir behaupten, dass das Alter rockt, wenn es für viele ein Kampf ums Überleben ist?

Anpassung an die Technologie 

Die technologische Revolution, die viele als Segen preisen, ist für einige ältere Menschen eher ein Fluch. Die rasante Entwicklung neuer Technologien kann überwältigend sein und viele fühlen sich abgehängt und ausgeschlossen. 

Die digitale Kluft trennt sie von den jüngeren Generationen, die mit Smartphones und Computern aufwachsen. Wie können wir von einer vernetzten Welt sprechen, wenn ein signifikanter Teil unserer älteren Bevölkerung nicht einmal die Grundlagen der Digitalisierung beherrscht? 

Ist das Alter wirklich golden, wenn es von ständiger Unsicherheit und dem Gefühl, nicht mithalten zu können, überschattet wird?

Altersdiskriminierung und mangelnde Zugänglichkeit 

Altersdiskriminierung ist eine Realität, die tief in unserer Gesellschaft verwurzelt ist. Ältere Menschen werden oft als weniger produktiv, starr und technologisch rückständig angesehen. Diese Stereotypen führen zu echten Hindernissen auf dem Arbeitsmarkt und im sozialen Leben. 

Zudem mangelt es an barrierefreien Einrichtungen und Dienstleistungen, die den spezifischen Bedürfnissen älterer Menschen gerecht werden. Wie können wir eine Gesellschaft, die ihre älteren Mitglieder marginalisiert und isoliert, als fortschrittlich betrachten? Wie müssen sich Menschen fühlen, wenn Altwerden nach wie vor von Diskriminierung und Exklusion geprägt ist?

Also…

Während wir die positiven Aspekte des Älterwerdens nicht ignorieren dürfen, ist es unsere Pflicht, auch die dunkleren Seiten zu beleuchten. Wir müssen die Realitäten des Alters ehrlich adressieren und dürfen nicht zulassen, dass eine glänzende Fassade die tiefgreifenden Herausforderungen verdeckt. 

Nur wenn wir diese Probleme anerkennen und angehen, können wir wirklich sagen, dass das Alter eine Zeit des Potenzials ist. Es ist an der Zeit, dass wir handeln, statt nur schöne Worte zu finden. Ist es nicht unsere Verantwortung, für eine Gesellschaft zu kämpfen, in der das Leben im Alter wirklich eine Freude sein kann?